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Mit Volldampf durch die Pyrenäen

■ Dreizehn Dörfer im Aspe-Tal befinden sich im Belagerungszustand

Noch sagen sich Bär und Mensch gute Nacht im Aspe-Tal. Noch herrscht Ruhe in den engen Schluchten der französischen Pyrenäen südlich des Pilgerorts Lourdes – einem der am dünnsten besiedelten Gebiete Europas. Doch die Idylle trügt. Seit die französische Regierung im vergangenen Jahr grünes Licht für einen Tunneldurchstich nach Spanien gegeben hat, sind die dreizehn kleinen Ortschaften, in denen nicht einmal 3.000 Menschen leben, im Belagerungszustand. Immer wieder gibt es Auseinandersetzungen mit der Polizei, zahlreiche Anwohner haben Erfahrungen in der Haft gesammelt oder sind zu Geldstrafen verurteilt worden.

Oben am Berg ist eine Großbaustelle entstanden. Täglich fahren Laster mit neuem Material hoch. Neunzig Gendarme bewachen das Lager. Unten im Tal geht der Widerstand gegen den Tunnel vor allem von zwei Dörfern aus: Accous und Bedous. In beiden Orten haben sich die Bürgermeister gegen das Projekt „E 7“ ausgesprochen, wie die Verkehrsplaner in Brüssel, Paris und Madrid den Pyrenäendurchstich nennen. Die UmweltschützerInnen wollen eine der letzten unberührten Naturlandschaften Europas retten. Jahrzehntelang war das Tal von Abwanderung gezeichnet. Erst in letzter Zeit nahm die Bevölkerung wieder zu. StädterInnen zogen in das Tal und starteten neue Unternehmen – vor allem im Bereich des Tourismus. Ganz allmählich kam wieder Leben in die Region.

All das – und das knappe Dutzend Bären, das in den Pyrenäen lebt – steht jetzt auf dem Spiel. Die „E 7“-Schnellstraße soll die spanische Industriestadt Zaragoza auf direktem Wege mit dem Rest Europas vernetzen. Bei der geplanten Tunnelbreite von neun Metern könnten jährlich bis zu einer Million Lastwagen – etwa 2.700 Lkws täglich – durch das Tal brettern. Schon heute ist die Verkehrsbelastung mit „nur“ 250 Lastern für die engen Täler und kleinen Dörfer schwer zu verkraften. Hingegen steht die Eisenbahnverbindung nach Spanien still, seit 1970 eine Brücke eingestürzt ist. Die UmweltschützerInnen rechnen vor, daß mit der Eisenbahnstrecke problemlos und umweltschonender dieselbe Warenmenge über die Grenze gebracht werden könnte wie auf der Autobahn.

Was die Verkehrsplaner bewegt, ist mit einem Blick auf die Landkarte zu erkennen. Weit und breit bilden die bis zu dreitausend Meter hohen Pyrenäen eine natürliche Grenze, die nur an den beiden Küsten von Autobahnen durchbrochen wird. Dazwischen liegen kurvenreiche Bergstraßen, die angeblich den europäischen Binnenmarkt behindern. Die EG beschloß deshalb 1990, ein Viertel der Kosten für den 8,6 Kilometer langen Tunnel zu übernehmen.

Die UmweltschützerInnen im Aspe-Tal machen immer wieder Straßenblockaden. Im Dezember kamen zwölf Anwohner deswegen kurzfristig in Polizeihaft. Auch in Paris organisieren UmweltschützerInnen kleine Aktionen. In der vergangenen Woche beschallten sie das Umweltministerium mit dem ohrenbetäubenden Lärm von rasenden Schwerlastwagen. Auch mit den dänischen GegnerInnen der Øresund-Brücke sind die „Aspois“ im Kontakt. Doch der Widerstand muß noch weiter über Frankreichs Grenzen hinaus wachsen, sagt Eric Petetin vom Zentrum „Goutte d'Eau“ im Aspe-Tal. Schließlich sei der Erhalt der letzten Naturlandschaften eine Angelegenheit aller EuropäerInnen. Zu Pfingsten wollen die UmweltschützerInnen ihre Stärke mit einer großen Demonstration unter Beweis stellen. Dorothea Hahn, Paris

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