piwik no script img

Bayerns Studenten auf der Straße

Tausende StudentInnen und SchülerInnen protestieren gegen „Bildungsraubbau“ und für eine demokratische Hochschule / Für den 1.Februar sind Warnstreiks angekündigt  ■ Von Beate Bäumer

Berlin/München (taz) – In Bayern wird gestreikt. SchülerInnen und StudentInnen stören eine Senatssitzung, streiken, demonstrieren und veranstalten Protestaktionen. Ihr Anliegen: Keine Studienreform, sondern eine demokratische Hochschule. Zur landesweiten Demo kamen gestern nach unterschiedlichen Angaben zwischen 5.000 und 8.000 StudentInnen und SchülerInnen nach München, um gegen den „Bildungsraubbau“ zu protestieren.

Doch nicht nur in Bayern wird es langsam ungemütlich. In der gesamten Bundesrepublik brodelt es an den Hochschulen. Anlaß sind die von einer Bund-Länder-Kommission in einem Eckwertepapier festgesetzten Beschneidungen des Studiums an den Hochschulen. Konkret heißt das, daß die StudentInnen mit einer Verkürzung des Studiums, der Einführung von Strafgebühren bei einer Überschreitung der Regelstudienzeit bis hin zu einer Zwangsexmatrikulation zu rechnen haben. Was in dem Eckwertepapier beschlossen wurde, wurde teilweise schon in die Hochschulgesetze der Länder eingefügt. In Bayern ist das Bayerische Hochschulen Gesetz (BHG) bereits seit dem 1. Oktober 1993 rechtsgültig. Die meisten Veränderungen werden sich aber erst mit Beginn des Sommersemesters 1994 bemerkbar machen, wenn die einzelnen Fakultäten die neuen Prüfungsordnungen entsprechend umgesetzt haben.

Beispielsweise ist es dann nur noch in Ausnahmefällen möglich, in Magister- und Lehramtsstudiengängen ein zweites Mal das Hauptfach zu wechseln. Kleiner Zusatz: Das Verbot gilt rückwirkend. Das heißt, wer bereits früher einmal gewechselt hat, fällt auch unter diese neue Bestimmung. Weiterhin darf die Hochschule höchstens eine Verschiebung der Zwischenprüfung um zwei Semester sowie eine Verschiebung der Abschlußprüfung um vier Semester zulassen. Wer das nicht schafft, kann gehen – ohne Studienabschluß.

Auf besonders große Kritik stößt bei den StudentInnen die Tatsache, daß den Hochschulen in Zukunft bei zusätzlichen Immatrikulationsvoraussetzungen freie Hand gelassen wird. Gesetzlich wird den Hochschulen dabei nahegelegt, Gebühren einzuführen und die Begabung und Eignung zu testen. Für StudentInnen und SchülerInnen ist dies die „Forcierung einer Elitehochschulenbildung“.

Außerdem wird sich demnächst die Zuweisung der Finanzmittel an die Hochschulen nach der Absolventenquote und nach der Zahl derer richten, die sich im Regelstudium befinden. Die Universitäten sind also gezwungen, möglichst wenige Langzeitstudenten mitzufinanzieren. Mit bundesweiten Protesten ist am 1. Februar zu rechnen, denn dann findet ein bundesweiter Streik- und Aktionstag statt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen