Aussprache spricht nichts aus

■ Warum wurde dem Geschäftsführer der „Werkstatt der Kulturen“ gekündigt?

Pressekonferenzen sollten dazu dienen, Fragen zu beantworten. Aber auch nach der dreistündigen Aussprache in der vergangenen Woche wissen die Teilnehmer der „Werkstatt der Kulturen in Berlin“ (WdK) noch immer nicht, warum ihr Geschäftsführer, Wolfgang Wilkes, Ende Dezember fristlos entlassen worden ist. Barbara John, Ausländerbeauftragte des Senats, der die WdK finanziert: „Im Interesse der beruflichen Zukunft von Herrn Wilkes kann ich nicht sagen, was zu seiner Kündigung geführt hat. Alle diesbezüglichen Fragen müssen in dem inzwischen eingeleiteten Arbeitsgerichtsverfahren geklärt werden.“ Die zahlreich erschienenen Teilnehmer und Mitarbeiter der WdK stehen hinter Wilkes und den von ihm ausgearbeiteten Konzepten. Die WdK ist ein Zentrum, in dem Berliner unterschiedlicher Nationalitäten miteinander arbeiten können. Es soll keinen „Supermarkt der Kulturen“, sondern einen „interkulturellen Austausch“ geben. Dieses inhaltliche Profil des Hauses hat der Geschäftsführer ausgearbeitet. Die Idee dafür stammte schon vom ehemaligen Berliner Bürgermeister Richard von Weizsäcker. Bereits 1982 hatte er angeregt, einen Treffpunkt dieser Art zu schaffen. Aus finanziellen Gründen mußte die Idee damals aufgegeben werden.

In dem ehemaligen Brauhaus in der Neuköllner Wissmannstraße entstand schließlich die WdK. Ende Oktober vergangenen Jahres wurde sie eröffnet. In rund hundert Räumen finden Seminare, Tanz- und Musikworkshops und Theaterveranstaltungen statt. Einzige Bedingung: Die unterschiedlichen Nationalitäten dürften nicht getrennt voneinander, sondern miteinander künstlerisch tätig sein.

Auch der Vereinsvorstand der WdK und Barbara John waren mit Wilkes Arbeit zufrieden. Bis sie ihn am 20. Dezember 1993 fristlos entließen. Während der Betriebs- Weihnachtsfeier wurde Wilke seine Kündigung zugefaxt, völlig unerwartet. Denn seine Arbeit war vorher nicht kritisiert worden. Im nachhinein begründet der Vereinsvorstand die Kündigung mit „mangelhafter Geschäftsführung“ und einem „nicht mehr vorhandenen Vertrauensverhältnis“.

Die Theatergruppe „DeuJuKuArTü“ und andere Mitarbeiter und Teilnehmer der Werkstätten sind von der erfolgreichen Arbeit des Geschäftsführers überzeugt. In einem offenen Brief fragten sie nach den Gründen des Vereinsvorstands, Wilke zu entlassen. Daraufhin erhielten drei Mitarbeiter Hausverbot. Wenige Tage später, als „DeuJuKuArTü“ die Gründe für das Hausverbot wissen wollte – auch der Regisseur war betroffen –, wurde auch ihnen das Betreten des Hauses verboten.

Bis zur Pressekonferenz letzte Woche war Barbara John der Bitte nach einem Gespräch mit allen Betroffenen nicht nachgekommen. Dort sagte sie: „Die Konflikte mit Herrn Wilkes begannen, als die praktische Arbeit im Haus gemeistert werden mußte. Seitdem hat unsere Zusammenarbeit nicht mehr geklappt.“ Für Mitarbeiter und Besucher der WdK kann das nicht der wahre Grund sein. „Welchen Interessen wird die bis zur Kündigung des Geschäftsführers erfolgreiche Arbeit der WdK geopfert?“ fragen sie sich noch immer. Juliane Echternkamp