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„Mir ist alles Ponal!“

■ Verlag Edition 406: Wenn Studierende was verlegen...

Während die Verlagskrise den Literaturbetrieb in Atem hält, haben fünf junge Autoren und eine Autorin der Fachhochschule Armgartstraße gleich mit ihrem ersten Buch einen beachtlichen Erfolg erzielt. Sie gründeten ihren eigenen Verlag namens Edition 406, um das Werk Ponal zu editieren. Die erste Auflage vom Sommer 1993 - 1100 Stück - ist bereits vergriffen.

Damit hatten die Non-Profit-Verleger nicht gerechnet. Zum Frühjahr 1994 wird's die zweite Auflage geben - wenn genügend Geld zusammenkommt.

Zu Beginn des Seminars „Kreatives Schreiben“ im Sommersemester 1991 hatte Dozent und Verleger Martin Hielscher die Studierenden mit Texten von Goethe, Brecht, Michael Augustin und Raymond Queneau zu Stilübungen und Sprachspielen angeregt, mit dem Ziel, selbst Texte zu verfassen. „Anfangs war der Kurs ein Geheimtip, später wurde er zur Wallfahrtsstätte“, schwärmt die Studentin, Autorin und Verlegerin Tina Uebel. Hielschers Art, Anregungen zu geben, habe von Anfang an dazu beigetragen, „dies innerlich-weinerliche Selbstbeschau- Ding zu vermeiden, dies: ,oh, eine große Aussage muß ich machen, und das Leid der Welt in meinem Herzen muß ich in meine Texte packen' - all das, was Texte so schlecht macht.“

Deshalb wählte man „eine kleine übersichtliche Form, die auch hilft, ein bißchen von sich selbst Abstand zu halten“: Den Serienheld. Inspiriert durch Brechts Herrn Keuner oder Michael Augustins Kunstfigur Koslowski sind in Ponal Herr Buggenhagen, Herr Bdrian oder Frau Schrödinger die Helden der kurzen, skurril-absurden Geschichten.

Nach der Geschichte Ponal ist der ganze Band benannt. Die Firma Henkel, Hersteller des Holzleims, hatte gegen die Ponal-Geschichte - trotz „Ponalverkehr“ und „Ponalratten“ - prinzipiell nichts einzuwenden; den letzten Satz „Ham' se wohl was Uhu?“ wollte Henkel allerdings geändert wissen: Aus „Uhu“ wurde „Patex“, und der Chemie-Multi ließ noch 1000 Mark für die Produktion springen.

Da sie ihr Buch selbst gestalten und herausgeben wollten und dafür eine ISBN-Nummer brauchten, damit das Buch in jeder Buchhandlung zu kaufen ist, mußten sie einen Verlag gründen. Und weil eine ISBN-Nummer nur bekommt, wer mindestens zwei Buchtitel anmeldet, gaben die jungen Autoren auch den Comic Jörg heraus, den Ponal-Co-Autor Lars Dahms noch „in der Schublade“ hatte.

„Als es richtig ans Arbeiten ging, sind natürlich viele abgesprungen. Anfangs waren 35 Autoren der Kurse aus vier Semestern dabei, am Ende blieben sechs übrig“, so Tina Uebel. Vom Schreiben übers Korrigieren, Typografieren und Drucken bis zum Vertrieb haben die Studenten alles selbst gemacht - nach Möglichkeit zum Materialkostenpreis, denn finanziert haben sie das Projekt aus eigener Tasche, abgesehen von einer Unterstützung über 2000 Mark von der Kulturbehörde und 2500 Mark von der Fachhochschule. Ein Druckfehler auf Seite 406 (“Wenn man in den Himel kommt“) stiftete den Namen des Verlages: Edition 406. „Wenn wir eine 40-Stunden-Woche für unsere Verlagsarbeit ansetzen“, rechnet Tina Uebel aus, „haben wir einen Stundenlohn von drei Pfennig, und ein Privatleben haben wir alle nicht mehr“.

Nach der vielen Arbeit und den Problemen, die die Verlagsgründung mit sich brachte, kann die Sechser-Bande nun nichts mehr erschüttern. „Inzwischen“, resümiert Tina Uebel, „halte ich alles für möglich, inklusive fliegen und auf dem Wasser wandeln“.

Simone Ohliger

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