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Algerien ist pleite

■ Dem nordafrikanischen Land steht ökonomisch das Wasser bis zum Hals

Kairo (taz) – Algerien steht nicht nur vor einem zermürbenden Bürgerkrieg zwischen Islamisten und Militärregierung. Jetzt droht dem Land auch noch das wirtschaftliche Aus. Daran dürfte auch die Ernennung des ehemaligen Verteidigungsministers Liamine Zeroual zum neuen Präsidenten des Landes zunächst wenig ändern.

Die französische Zeitung Le Monde berichtete am Wochenende, daß der algerische Staat die Tilgung seiner Auslandsschulden aussetzt. Allenfalls die fälligen Zinsen würden bezahlt, hieß es dort weiter. Unklar bleibt, ob staatliche und private Geldgeber unterschiedlich behandelt würden.

Eigentlich hatte der nordafrikanische Staat letztes Jahr zwölf Milliarden Dollar Einnahmen erwartet. Aufgrund des niedrigen Ölpreises wurden es aber weniger als elf Milliarden. Gerade einmal genug, um die jährlichen Zinszahlungen von neun Milliarden Dollar aufzubringen. Das Land steht international mit fast 26 Milliarden Dollar in der Kreide.

Und es geht weiter abwärts. Mit den jetzt noch niedrigen Ölpreisen ist keinerlei Aufschwung zu erwarten. Die Industrie arbeitet nur noch auf halber Flamme. 1992 produzierte die verarbeitende Industrie nur mit 50 Prozent seiner Kapazitäten. Der IWF forderte umfassende Reformen für die Wirtschaft mit dem üblichen Konzept. Der algerische Dinar soll um 30 bis 40 Prozent abgewertet werden. Auf dem Schwarzmarkt wird er inzwischen für ein Drittel seines offiziellen Wertes verkauft. Die weitgehend staatlich kontrollierte Wirtschaft soll schneller als bisher liberalisiert werden. Dafür winkte der IWF mit einer Absichtserklärung. Damit würden dann wieder neue Gelder bereitgestellt.

Angesichts der schwierigen innenpolitischen Lage läßt sich dieser Kurs allerdings nicht einfach umsetzen. „Es nützt nichts, eine Wirtschaftspolitik zu haben, wenn diese keine Unterstützung beim Volk findet“, meinte der alte und voraussichtlich neue algerische Wirtschaftsminister Mourad Benachenhou vor kurzem in einem Interview. Auf 1,4 Milliarden Dollar wird das Finanzloch für dieses Jahr geschätzt. Weitere Sparmaßnehmen sind angesagt, um die notwendigen Nahrungsmittel und Ersatzteile zu importieren. Mit der geforderten Abwertung des Dinar und der IWF-Strategie von höheren Zinsen für Kredite an Unternehmen dürften Preissteigerungen und Entlassungen die Folge sein. Maßnahmen, die weite Teile der Bevölkerung schwer treffen werden und diese womöglich weiter in die Arme der islamistischen FIS treibt, wie die arabische Zeitung Al-Hayat befürchtet.

Die Regierung versucht trotzdem den Boden für ein Abkommen mit dem IWF zu bereiten. Mit den Gewerkschaften wurde eine Übereinkunft getroffen. Die Mindestlöhne und Renten sollen heraufgesetzt werden. Dafür erhofft sich die Regierung grünes Licht von den Gewerkschaften für die vom IWF geforderten Reformen. „Das wird die Gefahr einer sozialen Explosion zwar verringern, ausschließen kann dieses Abkommen so etwas allerdings nicht“, schreibt die arabische Wirtschaftszeitschrift Al-Alam Al-Yom in ihrer gestrigen Ausgabe. „Am Ende könnten die Arbeiter doch explodieren, und die würden dann vielleicht auch nicht vor den Gewerkschaften haltmachen“, warnt sie.

Viel hängt jetzt davon ab, wie sich die weiteren Verhandlungen mit dem IWF gestalten. Gestern machte sich eine algerische Delegation auf den Weg nach Washington. Eine Sprecherin der französischen Regierung drückte Verständnis für die „Schwierigkeiten angesichts der Last der Auslandsschulden“ aus. Frankreich hoffe auf ein schnelles Abkommen mit dem IWF.

Am 8. Februar sollen sich auch die europäischen EG-Außenminister mit der Lage in Algerien befassen. Brüssel studiert derzeit, ob die Finanzhilfe für das arabische Land vergrößert werden soll. Karim El-Gawhary

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