Blüten-Boutique in der Friedrichstraße

■ Inhaber einer Fälscherwerkstatt wollte sich um sechs Millionen Mark bereichern / Kurz vorher wurde er verhaftet

Die Friedrichstraße verdient so schlecht, daß dort das Geld inzwischen auf unkonventionelle Weise vermehrt werden soll. Ein 53jähriger Inhaber funktionierte seine Firma „ND Reprotechnik und Montagen“ flugs zu einer Fälscherwerkstatt um. Die Polizei hob die illegale Werkstatt in dem Geschäftshaus Nummer 236 (Kreuzberg) aber aus, bevor Inhaber Norbert D. die 100-, 500- und 1.000-Mark-Scheine drucken lassen konnte. Der Reprotechniker wollte sechs Millionen Falsch- Mark auf den Markt werfen.

Dem „hochverschuldeten“ Geschäftsmann fehlten nur die teuren Vervielfältigungsmaschinen – was ihm zum Verhängnis werden sollte. Denn als er einen ihm bekannten Graphiker auf eine „geeignete“ Druckerei ansprach, verriet jener ihn an die Polizei. Norbert D. nutzt seit vergangener Woche nicht einmal mehr echtes Geld – er sitzt nämlich im Knast.

Beinahe wäre der Knacki schon bei seinen Vorbereitungen erwischt worden, ergab die Recherche der taz. Vor drei Wochen nämlich hatte der Geld-Handwerker in seiner Werkstatt im sechsten Stock einen Wasserschaden angerichtet. Als eine Mitarbeiterin einer darunter befindlichen Textil-Werkstatt sich bei dem Nachbarn beschwerte, weil ihr „die grüne Soße“ auf den Kopf tropfte, habe dieser sie an der Tür unwirsch abgewiesen, erzählte die Schneiderin.

Wie stark das Falschgeld eine der härtesten Währungen der Welt entwertet hätte, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen. Ute Kadow vom Falschgeld-Kommissariat wußte aber, daß im vergangenen Jahr in Berlin 4.757mal Blüten aufgetaucht sind. Doppelt soviel wie noch ein Jahr zuvor. Nachgemachte 100-Mark-Scheine fielen mit einer Summe von insgesamt 300.000 Mark am häufigsten an. Die Kripo vermutet die Täter vor allem bei organisierten Banden in Osteuropa – Einzeltäter seien selten, berichtete der Referatsleiter für Organisierte Kriminalität, Andreas Reinhardt.

Inzwischen wird aber auch gegen Banken ermittelt, denn die Fälschungen sind so gut geworden, daß selbst Bankiers die Blüten wieder in Umlauf bringen. Selbst aus EC-Automaten quillt das wertlose Papier.

Die neue Friedrichstraßen- Währung – wäre sie jemals gedruckt worden – hätte ebenfalls gute Chancen gehabt, lange unerkannt zu bleiben. Die Polizei bestätigte Norbert D.s „ausgezeichnete Arbeit“. Trotz Rezession wollen sich andere Geschäftsinhaber an D. aber noch kein Beispiel nehmen. Ein Druckerei-Inhaber aus dem selben Haus versicherte, er lehne solche Aufträge ab. Die Polizei war offenbar anderer Meinung. Sie durchsuchte die Druckerei am 27. Januar gleich mit. Dirk Wildt