: „Die Grauzone politischer Protektion“
■ Gelockerte Rüstungsexportkontrollen schaden Wirtschaft
Bonn (epd/taz) – Eine Lockerung der deutschen Rüstungsexportkontrollen würde der deutschen Wirtschaft einer neuen Studie zufolge mehr Schaden als Nutzen bringen. In der Untersuchung des Hamburger Friedensforschers Peter Lock, die das Kinderhilfswerk Terre des Hommes gestern vorstellte, heißt es, für die Kooperation in der Europäischen Union sei die von der Arbeitsgruppe Außenpolitik der CDU/CSU geforderte „Harmonisierung“ der Rüstungsexportbestimmungen keinesfalls notwendig. Nationale Vorbehalte im eigenen Interesse seien ausdrücklich zugelassen.
Volkswirtschaftlich gesehen sei der Rüstungsexport ein Verlustgeschäft, schreibt Lock. Die USA und die frühere Sowjetunion hätten zahlreiche Kunden mit Kriegsgerät versorgt, dessen Bezahlung jetzt nicht eingetrieben werden könne. Der Rüstungsmarkt sei schon lange ein Käufermarkt, auf dem ein Subventionskrieg stattfinde. Rüstungsexporte seien mit gesamtwirtschaftlichen Verlusten verbunden, „weil insgesamt betrachtet unter Kostenpreis verkauft wird“. Während die beteiligten Firmen profitierten, habe die entstehenden Kosten letztlich der Steuerzahler zu tragen.
„In dieser Grauzone politischer Protektion werden hohe Kommissionen und Bestechungsgelder bezahlt oder mit Entwicklungshilfegeldern zweifelhafte Staudammprojekte gefördert, weil im Gegenzug Rüstungskäufe bei der britischen Industrie versprochen wurden“, schreibt Lock. Zu der Verbindung zwischen Staudammfinanzierung und Rüstungskäufen verweist Lock auf eine derzeit stattfindende parlamentarische Untersuchung in Großbritannien, bei der es um Geschäfte mit Malaysia geht.
Mindestens ein Viertel der Auslandsverschuldung der Entwicklungsländer sei auf Rüstungskäufe zurückzuführen. Dies lähme den wirtschaftlichen Aufbau in den Ländern der Dritten Welt und schade damit auch der deutschen Exportwirtschaft. Lobbyismus für Rüstungsexporte, wie er derzeit vom außenpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Karl Lamers, betrieben werde, laufe so auf die Förderung von Einzelinteressen zum Schaden der gesamten Volkswirtschaft hinaus. Auch das Argument, daß die Entwicklung militärischer Spitzentechnologie der gesamten Wirtschaft Nutzen bringe, erweise sich bei näherer Betrachtung als Legende.
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