: Dementi aus Tel Aviv
■ Israels Tourismusministerium bestreitet, die Empfang-Absage im Hotel Kempinski habe mit dem Gedenktafelstreit zu tun
Das Tourismusministerium in Tel Aviv hat kalte Füße bekommen. Wie berichtet, signalisierte es dem staatlichen israelischen Verkehrsbüro, einen für den 7. März geplanten Empfang im Hotel Kempinski abzusagen. Dinachs Millo, Leiter des Verkehrsbüros, bestätigte daraufhin der taz, daß die Absage „zum Teil“ mit einem Protestbrief des „Jüdischen Runden Tisches“ (JRT) zusammenhing. Dieses Bündnis von verschiedenen jüdischen Gruppen und allen voran der Bevollmächtigte der in London lebenden Nachkommen der Familie Kempinski, Fritz Teppich, werfen dem Hotelkonzern vor, sich nicht zu den antisemitischen Verquickungen der Hotelbetriebs AG, die sich später Kempinski nannte, zu bekennen. Sie fordern Gedenktafeln an allen heutigen Kempinski-Hotels, auf denen erwähnt wird, daß der Familienbetrieb 1937 „arisiert“ wurde.
Laut dpa bestreitet nun das israelische Tourismusministerium, daß die Absage mit diesen Vorwürfen zu tun gehabt habe. Vielmehr seien es rein wirtschaftliche Gründe gewesen, die das Ministerium dazu veranlaßt hätten, den Empfang auf das Hilton-Hotel umzubuchen.
Diese Darstellung scheint aber selbst Karl Walterspiehl, Vorstandsmitglied der Kempinksi AG, nicht zu teilen. „Wir sind über die Absage betrübt“, sagte er gestern zur taz. Sie würden aber die Entscheidung respektieren, denn Demonstrationen vor dem Hause könnten nicht im „Interesse“ Israels liegen. „Unsere israelischen Geschäftspartner bleiben nach wie vor unsere Freunde“, betonte er. Das israelische Tourismusministerium habe ihm gesagt, die Absage komme keinem Boykott gleich.
Nach Angaben Walterspiehls hat die Kempinski AG sich, entgegen der Darstellung des JRT, am 30. April 1990 mit dem damaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Heinz Galinski, über einen Gedenktafeltext geeinigt. In dem Schreiben von Galinski an Walterspiel, das der taz vorliegt, heißt es wörtlich: „Ich darf Ihnen mitteilen, daß der neue Entwurf (...) ebenfalls den Vorstellungen des Herrn Tom Kempinski entspricht. Der Text (siehe taz vom 28. Januar) enthält keinen Hinweis, daß der Familienbetrieb „arisiert“ wurde und daß der „Ariseur Paul Spethmann“ 1953 Vorstandsmitglied des neuen Konzerns wurde.
Genau diese Angabe aber will Fritz Teppich und von Tom Kempinski dazu autorisiert auf der bis heute nicht realisierten Gedenktafel lesen. Er verweist auf dessen Interviews, in denen Tom Kempinski eine Einigung bestreitet und den von Karl Walterspiehl vorgeschlagenen Text als „zynisch“ bezeichnet. Es fehle die Information, daß die Naziprofiteure zahlreiche jüdische und ausländische Zwangsarbeiter in dem „arisierten Betrieb beschäftigten“. Solange dies nicht erwähnt werde, dürfe sich der Hotelkonzern nicht mit dem Namen Kempinski schmücken. Anita Kugler
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