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Sudans Militär beginnt Endoffensive im Süden

■ Trotz Vermittlungsbemühungen der Kirchen werden Tausende Zivilisten in die Nachbarländer vertrieben / „Massive Bombardierungen“ und allseitige Aufrüstung

Berlin (taz) – Der Bürgerkrieg im Süden des Sudan geht offenbar in eine entscheidende Runde. Hilfsorganisationen und Kirchenreisende berichten übereinstimmend, die sudanesische Regierung sei im Begriff, eine Endoffensive gegen die Guerillabewegung „Sudanesische Volksbefreiungsarmee“ (SPLA) zu starten, die seit Jahrzehnten für eine größere Autonomie des mehrheitlich christlichen Südens vom islamisch-arabisch geprägten Rest des Landes kämpft. Die islamistisch orientierte Militärregierung des Sudan versucht diesen Berichten zufolge, die SPLA in ihren Stützpunkten an den Grenzen Sudans zu Uganda, Zaire und der Zentralafrikanischen Republik zu isolieren und die dort lebende Bevölkerung entweder unter ihre Kontrolle zu bringen oder zu vertreiben.

Bis zu 1.000 Flüchtlinge sollen mittlerweile jeden Tag die Grenze nach Uganda überqueren, um Angriffen der sudanesischen Armee zu entkommen. In einem gestern verbreiteten Bericht der deutschen Hilfsorganisation „Afrika in Not“ ist von „massiven Bombardierungen“ und „ständigen Kämpfen niedriger Intensität“ in den Gebieten Mundri, Morobo, Kaya und Kajo-Keji die Rede, wo viele aus anderen Regionen geflohene Angehörige des Dinka-Volkes leben.

Von Zwangsvertreibungen durch das Militär und direkte Luftangriffe mit MiG-Kampfflugzeugen auf Zivilisten unweit der Stadt Yei am 28. Januar erzählen nach Uganda geflohene Sudanesen, deren Aussagen von „Afrika in Not“ wiedergegeben werden. Die Kampfgegenden nahe der sudanesisch-ugandischen Grenze waren jahrelang unter SPLA-Kontrolle, bis 1991 eine Spaltung der Guerilla und eine darauffolgende Großoffensive der Regierung erfolgte. Heute kontrolliert die SPLA dort keine größere Ortschaft mehr außer der Grenzstadt Nimule, und Beobachter rechnen mit einer Großoffensive der Regierung zur kompletten Einkreisung von Nimule in allernächster Zeit.

Militär baut auf Spaltung der Guerilla

Dafür spricht auch die massive Aufrüstung der Regierungstruppen im Süden. Sechzehn Schiffe mit Kriegsmaterial wurden vor wenigen Wochen den Nil hinaufgeschickt; auch Truppenverstärkungen sind unterwegs. Die SPLA ihrerseits soll laut „Afrika in Not“ diverse Waffen bis hin zu Luftabwehrraketen über Kenia beschafft haben. Die Guerilla ist inzwischen tief gespalten, da die Dominanz der Dinka – zu denen SPLA-Führer John Garang gehört – immer mehr auf Widerstand stößt. „Die Dinka der SPLA werden von lokalen Stämmen oft als Besatzungsmacht empfunden“, schreibt „Afrika in Not“. „Überall in Süd- Sudan ist eine wachsende Tribalisierung zu beobachten. Inwieweit Garangs SPLA-Führung tatsächlich die lokalen Kommandanten kontrolliert, ist eine offene Frage.“

Um doch noch Verhandlungen in Gang zu setzen, haben in jüngster Zeit mehrere Kirchenvertreter den Sudan bereist – nach dem englischen Bischof John Carey kam im Januar der Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Klaus Engelhardt. Er sprach danach von einer „trost- und hoffnungslosen“ Lage. Die Bemühungen der Kirchen konzentrieren sich auf die Überwachung eines eventuellen Waffenstillstands – zum Beispiel durch eine Kommission aus UNO-Diplomaten und Vertretern der sudanesischen Kirchen. Inzwischen hat auch Kenias Präsident Daniel Arap Moi seine Vermittlerdienste angeboten; die Präsidenten Eritreas und Ugandas, Iseyas Afeworki und Yoweri Museveni berieten vor kurzem in der ugandischen Hauptstadt Kampala.

Da die Armee nach Angaben von Hilfsorganisationen jüngst mehrere Versorgungswege für die nahezu zwei Millionen Kriegsflüchtlinge innerhalb des Süd-Sudan abgeschnitten hat, fürchten Helfer, daß Lebensmittellieferungen demnächst nur über Zaire möglich sein werden. Das dürfte wegen der dortigen Instabilität schwierig sein: Im Nordosten Zaires, nahe Sudan und Uganda, kämpft inzwischen eine eigene Guerilla, die „Kongolesische Freiheitspartei“, gegen Zaires Armee und Diktator Mobutu. 7.000 Zairer sind bereits nach Uganda geflohen. Dominic Johnson

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