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■ TipTraumziel Tahiti?

„Das Logbuch der Bounty“, Sonntag, 19.30 Uhr, ZDF

Ein verrückter Alter irrt durch den Dschungel. Er erzählt Geschichten, die keiner so recht versteht. Mit diesen Bildern beginnt Hartmut Schoens Korrektur einer Legende, die von Hollywood bereits mehrfach und mit großem Erfolg als „Die Meuterei auf der Bounty“ inszeniert wurde. Auf den Spuren der einst gestrandeten Glückssucher reiste der Regisseur im vergangenen Jahr durch die Südsee. Den alten Traum vom Paradies hat er mit seiner Reportage endgültig versenkt – und auch vom liebgewonnenen Klischee des grausam- wütenden Kapitäns hat sich Schoen verabschiedet.

Seiner Dokumentation liegen die Aufzeichnungen William Bleighs zugrunde. Mit dem Auftrag, Setzlinge des Brotfruchtbaumes zu sammeln, stach er 1787 von London aus in See. Die knappe Nüchternheit seiner protokollarischen Notizen standen auch Pate für die betont unspektakuläre Sprache des Films, der in gleichen Teilen vom „Logbuch der Bounty“ wie vom heutigen Leben auf Tahiti berichtet.

Einst von Missionaren bekehrt, werden die Inselbewohner nun von Touristen aus aller Welt heimgesucht. Nur die alte Dame mit ihrer kleinen Pension hat eigentlich keine Lust mehr auf dieses Leben. Gedankenverloren spricht sie über die Macht der Steine, die sie vor Stürmen und Hochwasser beschützen. Von diesen Mächten bekommen die Fremden kaum etwas mit. Genausowenig wie von der kleinen Insel Pitcairn, auf die sich die Meuterer der „Bounty“ einst flüchteten. Auch Pitcairn ist nicht das Paradies. Für die Matrosen allerdings war es die Hölle. Während Bleigh nach der Meuterei mit 18 Getreuen in einer kleinen Barkasse und ohne Kartenwerk an die indonesische Küste zurückfand, begann auf Pitcairn das gegenseitige Morden.

47 Einwohner leben heute auf dem winzigen Archipel im Ostpazifik. „Solange nicht noch mehr junge Männer von hier fortgehen, können wir überleben“ — sagt einer von ihnen ganz zufrieden. In der Hoffnung, vom Geld der Touristen ein wenig abzubekommen, bastelt sein Nachbar aus Kokosnüssen Miniaturnachbauten der „Bounty“. Martina Stork

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