piwik no script img

Vegetarier in bester (Tier-)Gesellschaft

■ betr.: „Noch ein Holocaust“ von Henryk M. Broder, taz vom 21.1.94

Es wäre leicht, Henryk Broder auf der gleichen Kalauerebene zu antworten, auf der er sich mit Emmas Tierrechtsdossier befaßt – etwa indem man höhnisch seinen eigenen verkappten Antisemitismus outet, der darin zu finden wäre, daß er seinen Hund „Itzik“ nennt, wo doch Tiere sowas Verachtenswertes sind, daß man ihnen Schmerzen und Leiden nicht in einem Atemzug mit den Schmerzen und Leiden von Menschen nennen darf. Ich habe dazu aber keine Lust und ziehe es vor, einigen seiner unsäglichen Behauptungen und Witzeleien mit dem Ernst zu widersprechen, der den Schmerzen und Leiden empfindungsfähiger Lebewesen angemessen ist.

[...] Hitlers Fleischenthaltung hat mit Tierschutz nicht das geringste zu tun, sie diente der Sorge um seine eigene kostbare Gesundheit. Ein hier und da geäußertes Wohlwollen zu einem gemäßigten Tierschutz, wie es seit spätestens dem 19. Jahrhundert in Europa zu guten Ton gehört, ist rein verbal, populistisch und unterscheidet sich in keiner Nuance von den laufend geäußerten Bekundungen heutiger Politiker aller Ränge und jeder Coleur. Daß Tierversuche im Dritten Reich verboten waren, ist eine Legende. Natürlich haben IG Farben und alle anderen ihre Gifte ebenso an Tieren erprobt, wie die heutigen Chemie- und Pharmaunternehmen und Mengele hat sein Handwerk im Tierversuch erlernt. Einen Jäger und Freßsack wie Göring zu den Vätern des Tierschutzes und gar des modernen Tierrechtsdenkens zu zählen, wäre beleidigend, wenn es nicht so lachhaft wäre. Da fallen uns doch eher Leute wie Gandhi und George Bernard Shaw oder der sozialdemokratische Philosoph Leonhard Nelson (gest. 1927) ein oder Pythagoras oder Horkheimer. [...] Sina Walden, München

Anm. des Autors H.M. Broder:

1. Itzik ist ein männlich jüdischer Vorname.

2. handelt es sich bei fraglichem Hund um eine Hündin aus den besetzten Gebieten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen