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Das Klavier war ein Cembalo

■ betr.: „Das Leben, ein Pausenzei chen“ (Christoph Marthalers „Sturm vor Shakespeare“ in der Volksbühne), taz vom 31.1.94

Es ist schon bedauerlich, daß sich auch die taz [...] immer mehr in den Reigen der Tageszeitungen einreiht, die es nicht mehr für nötig halten, wenn sie eine Theaterinszenierung rezensieren, dies mit einer gewissen Sorgfalt zu tun und sich wenigstens um genaues Hinsehen bemühen. [...] Schon der erste Satz „eine spießig gekleidete Abendgesellschaft“ beschreibt nicht die Kostüme, die in einem historischen Bezug stehen, sondern zeigt die Schwierigkeiten der Verfasserin mit Abendkleidung. Ist ja okay, aber erst einmal ist nicht jede Abendkleidung spießig. Die Verfasserin bemerkt nicht, daß das von ihr als Hotelhalle beschriebene Bühnenbild eine unverkennbare Nachbildung der Volksbühnenarchitektur ist. Die Abendgesellschaft wolle eine Reise antreten oder sich schlafen legen, so faßt die Verfasserin die Grundsituation der Abendgesellschaft am Anfang des Stückes zusammen. Nett gesagt, wenn diese über Minuten unmißverständlich intoniert: „Wo ist der Patron? Wir wollen gemeinsam mit dem König untergehen.“ Wenn dann einer sich die Zeit vertreibt mit dem „Klimpern auf dem Klavier“ und wenig später den Klavierdeckel auf die Finger knallen läßt, so hat Petra Kohse nicht bemerkt, daß das Klavier ein Cembalo ist. Was hat sie dann erst verstanden von dem Spiel mit diesem Cembalo, das im Verlaufe des Abends immer neu gestaltet wird. Daß der deutsche, volkstümliche Chorgesang am Anfang des Stückes englischsprachig ist, schlägt da fast nicht mehr zu Buche. So sollte man Ihnen, liebe Petra Kohse, den Teilsatz Ihres Artikels, in dem Sie von doch beeindruckenden musikalischen Vorträgen sprechen, auf die schreibende Hand schlagen, damit sie nie mehr gezwungen wird, eine Theaterkritik zu schreiben. [...] Regina Mundel

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