Beim SFB-Hörfunk hören die Hörer weg

■ Vernichtende Mediaanalyse 94: Im Ostteil der Stadt hört keiner SFB 2 / Fast alle Radiosender leiden an Hörerschwund

Wie verbirgt ein schlechter Radiomacher, daß er schlecht ist? Er reformiert und reformiert und reformiert – und das möglichst ununterbrochen. So kann er nach den halbjährlich bekannt werdenden Hörerzahlen seinen Werbekunden und den interessierten Medien erzählen, die geringe Hörerresonanz sei darauf zurückzuführen, daß das neue Programmschema oder der Musikteppich noch nicht richtig greifen konnten. Dafür, heißt es dann in einem solchen Fall immer wieder, seien spätere Erfolge nun ganz sicher.

Erst Ende letzter Woche mußten die Hörfunksender SFB und r.s.2 sich dieser Taktik bedienen, um ihre teils dramatischen Verluste in punkto Hörergunst zu begründen. Erstmals wurden jetzt Zwischenergebnisse der alljährlichen Mediaanalyse (MA) der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Endergebnisse dieses einzig zuverlässigen Indikators der Radioreichweiten werden allerdings erst Mitte Juni vorliegen.

Doch schon der Zwischenbericht läßt darauf schließen, daß auch die Mediaanalyse 1994 mindestens einer SFB-Welle wieder massive Hörerverluste bescheinigen wird. 50.000 Hörer hat Radio B 2 im Vergleich zur MA 1993 verloren – das sind fast drei Viertel der bisherigen Hörerschaft des Vorgängers SFB 2, für den sich pro Stunde noch 80.000 Hörer begeistern konnten. Heute hingegen hören gerade mal 30.000 hin. Verschärfend kommt hinzu, daß so gut wie kein Ostberliner das zweite SFB-Programm hört: Eine Hörerzahl im Ostteil der Stadt war nicht meßbar, heißt es in dem Zwischenbericht.

Radio B 2 hat 50.000 Hörer verloren

Mit diesem Hörerverlust übertrifft der Hörfunksender SFB relativ gesehen seine Rekordmarke in Sachen Hörervergraulung von der Mediaanalyse 1993: Damals war 88,8 binnen Jahresfrist von 130.000 auf 60.000 Hörer abgerutscht – ein Verlust von über 50 Prozent. Wahrscheinlich aus Mitleid über das damalige schlechte Abschneiden schalteten treue SFB-Fans die Stadtwelle 88,8 nun wieder verstärkt ein, so daß die erste SFB- Hörfunkwelle jetzt stündlich 80.000 Hörer erreicht.

Zweiter Verlierer im Rennen um die Gunst der Zuhörer ist r.s.2, dem aus Rias 2 hervorgegangenen Programm. Rund 40.000 der einst 130.000 Hörer kehrten der 94,3 den Rücken. Schon von 1992 zu 1993 war die Hörerzahl um rund ein Drittel gefallen. Während damals der Wechsel der Musikfarbe als Begründung herhalten mußte, macht r.s.2 diesmal das just im Befragungszeitraum veränderte Programmschema als Quotenbremse aus.

Um keine Ausreden bemüht ist Claudio Funke, Chef des Berliner Rundfunks. Mit 120.000 Hörern nahm er erstmals die selbstgesteckte 100.000er-Hürde. Dank der zusätzlichen 40.000 Hörer schob sich der ehemalige DDR- Sender auf Platz 3 der Berliner Radiohitliste.

Vor ihm liegt 104.6 RTL Radio, der einen Zuwachs von 40.000 erzielte und nun von 190.000 Hörern konsumiert wird. Abgeben mußte hingegen Hundert,6. Trotz eines Hörerverlusts von 50.000 sitzt der grüne Hundert,6-Frosch mit stündlich 220.000 Hörern zumindest in Berlin noch immer ganz oben auf der Radio-Leiter. Die Dudelfunker von Energy 103,4 verloren 10.000 Hörer und berieseln pro Stunde rund 60.000 Fans.

r.s.2 hören 40.000 weniger

Erstmals ermittelt wurden Daten für die ORB-Jugendwelle Fritz!. Mit stündlich je 10.000 Hörern im Ost- und Westteil Berlins sowie 20.000 in Brandenburg erzielte Fritz! ein gutes Ergebnis. Unangefochtener Spitzenreiter in der Region bleibt die ORB-Welle Antenne Brandenburg, in der pro Stunde 250.000 Menschen ihre Radio-Heimat finden.

Noch nicht bekannt sind die Zahlen für die werbefreien Programme. Sie sollen erst diese Woche bei den Sendern eintrudeln. Definitiv keine Daten sind für Klassik-Radio und die BB Landeswelle zu erwarten, da diese Sender zum Befragungszeitraum (Mitte September bis Ende Oktober) noch nicht auf Sendung waren. Frank Sturm