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Kreisverkehr für Plutonium

Premiere in Gundremmingen: Erstmals sollen MOX-Brennelemente in einem Siederwasserreaktor eingesetzt werden  ■ Aus Gundremmingen Klaus Wittmann

Wer an den Kühltürmen des größten deutschen Atomkraftwerkes in Gundremmingen vorbeifährt, ahnt nicht, daß hier eine Premiere vorbereitet wird. In den beiden Reaktorblöcken sollen erstmals im großen Stil sogenannte Mischoxid- (MOX-)Brennelemente eingesetzt werden. So hat es Bayerns Umweltminister Peter Gauweiler (CSU) letzte Woche entschieden.

40.000 Einwendungen gegen dieses Verfahren liegen vor. Das „Bündnis Schutz vor MOX“ bereitet eine Gerichtsklage vor. Denn, von kleineren Testläufen abgesehen, sind MOX-Brennelemente bislang nur in Druckwasserreaktoren eingesetzt worden, die über zwei Kühlkreisläufe verfügen. Die älteren Siedewasserreaktoren wie Gundremmingen kommen nur mit einem Wasserkreislauf aus, und besitzen damit eine Radioaktivitätsbarriere weniger.

Genau das hat bisher auch den Betreibern Sorge bereitet: Anders als Uranbrennstäbe enthalten MOX-Elemente von Anfang an drei bis acht Prozent Plutonium, das sonst erst bei der Uranspaltung entsteht. Plutonium gilt als giftigster Stoff der Welt und ist für die Atomindustrie das größte Problem überhaupt.

Denn nirgendwo ist eine Lösung in Sicht: Nachdem die Technik der schnellen Brüter nicht funktioniert, gibt es praktisch nur zwei Möglichkeiten, mit dem Supergift umzugehen: Entweder man schafft die abgebrannten Brennstäbe direkt in ein atomares Endlager oder man trennt das Plutonium aus den abgebrannten Brennstäben in einer sogenannten Wiederaufarbeitungsanlage ab.

Dann aber entsteht reines Plutonium, das in dieser Form eine kaum beherrschbare Gefahr für Mensch und Umwelt darstellt. Der Stoff ist zudem für den Bau von Atombomben geeignet. Will man das Plutonium aber nicht für Bomben verwenden, muß man es sicherheitshalber wieder verunreinigen oder anderweitig wegschaffen. Denn nur wenn von den Betreibern der Atomkraftwerke der (Entsorgungs-)Nachweis über die schadlose Verwertung erbracht werden kann, dürfen laut Paragraph 9a des Deutschen Atomgesetzes die Atommeiler weiterbetrieben werden.

Wohin also mit dem Plutonium? Seit die Veba vor vier Jahren überraschend die Wiederaufarbeitung im bayerischen Wackersdorf gekippt hat, werden abgebrannte Brennstäbe in die Wiederaufarbeitungsanlagen nach Sellafield (Thorp) und La Hague gebracht. Von dort kommt, nach der Wiederaufarbeitung, das Plutonium zurück nach Deutschland. Hier müßte es für mindestens 25.000 Jahre absolut sicher gelagert werden, so lange dauert es, bis auch nur die Hälfte der Plutoniumatome zerfallen ist. In ihrer Not besannen sich die Atomkraftwerksbetreiber der Technik der MOX- Brennelemente. Sie sind etwa dreizehnmal teurer als bei Uranbrennstäben und haben auch sonst noch einige Haken. Für das Aktions- Bündnis „Schutz vor MOX“ hat der Münchner Physiker Klaus Buchner noch einmal die Wichtigsten aufgezählt: Atomkraftwerke können sehr viel schwerer gesteuert werden, die Strahlung wird erhöht, und die Schweißnähte verspröden schneller als beim Einsatz von herkömmlichen Brennstäben.

Klaus Buchner bezieht sich auf eine von der Bundesregierung geheimgehaltene Studie, die vom MOX-Einsatz abrät. Ohnehin, so der Atomexperte des Darmstädter Öko-Instituts, Michael Sailer, sei die Gefahr von Störfällen in den veralteten Siedewasserreaktoren von vornherein größer. Doch was noch schwerer wiegt: Das Plutonium-Problem wird nur verschoben. Denn neben der Kernspaltung entsteht durch den sogenannten Neutroneneinfang in den Mischoxid- Elementen wieder neues Plutonium.

Daß auch die Energiekonzerne liebend gerne aus diesem Teufelskreis ausbrechen würden, zeigte sich zuletzt anläßlich des Erörterungstermins für den MOX-Einsatz in Gundremmingen. Der Delegationsleiter der Antragsteller RWE und Bayernwerke, Klaus Petersen, sagte: „Wenn der Weg der direkten Endlagerung beschreitbar wird, dann hat sich das Thema MOX-Recyclierung erledigt.“

Womit das Problem wieder über die Landesgrenzen verschoben wäre. Endlagerstätten hat Bayern bisher nicht angeboten. Aber in Gorleben, dem bislang einzigen westdeutschen Standort, ist gerade ein Erkundungsschacht abgesoffen.

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