■ Cash & Crash
: Ein kurzer Crash

Berlin (taz) – Es wäre ja fast ein schwarzer Freitag geworden. Nur wegen der Zeitverschiebung zwischen Europa und den USA waren die hiesigen Börsen bereits geschlossen, als in New York die Aktienkurse nach unten klatschten – eine Folge der Zinsanhebung um ein viertel Prozent, die die US-Zentralbank am Freitag verkündet hatte. So fand der Mini-Crash in Europa und Fernost erst am Montag statt.

Die heftigsten Einbrüche gab es in den ostasiatischen Schwellenmärkten, vor allem Hongkong, wo der Aktienindex gleich um über sechs Prozent fiel. Der deutsche Aktienindex (DAX) knickte um 2,75 Prozent ein. In den USA erholten sich die Kurse derweil langsam wieder von den freitäglichen Verlusten. Gestern folgten dann die Börsen in Japan und Europa. Der DAX holte die Hälfte seiner Verluste vom Vortag wieder auf – er legte um 27,81 auf 2107,21 Punkte zu.

Die ausgesprochen heftigen Turbulenzen als Reaktion auf die Erhöhung der US-Zinsen erklären Marktbeobachter als im wesentlichen psychologisches Problem. Sicher, steigende Zinsen führen zwar zu einer geringeren Investitionsbereitschaft bei Unternehmen, was auf die Kurse eine dämpfende Wirkung hat. Zugleich werden dadurch alternative Anlagen, in Anleihen etwa, wieder attraktiver. Viele Investoren haben also die Gelegenheit genutzt, jetzt aus den zum Teil schon überhitzten Aktienbörsen auszusteigen. Aber in aller Ruhe betrachtet, so die Börsenexperten weiter, sei doch eine leichte Zinsanhebung, die die Inflationsgefahr in den USA im Keim ersticke, durchaus positiv zu bewerten. Die Gemüter beruhigten sich, die Kurse erholten sich.

Aber die Hochzeiten der Aktien scheinen erst einmal vorbei zu sein. Gerade in der Bundesrepublik hatten viele auf Aktien gesetzt in der Annahme, die Bundesbank würde die Zinsen weiter senken. Doch in Anbetracht der erhöhten US-Zinsen sieht es gar nicht mehr danach aus.

Die Bundesbanker müssen dann nämlich befürchten, daß das Geldkapital, diese flüchtige Substanz, Richtung USA flutet, wo höhere Zinsen und zudem Währungsgewinne durch den steigenden Dollarkurs winken. Zur Finanzierung der deutschen Einheit ist das Land jedoch auf Kapitalimporte von geschätzten 150 Milliarden Mark im Jahr angewiesen. Eine Kapitalabwanderung kann man sich hier schlicht nicht leisten. Nicola Liebert