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Nato darf in Ruhe weiterreden

■ Rückzug der serbischen Artillerie um Sarajevo zumindest angekündigt / Waffenruhe vereinbart

Genf/Brüssel (taz) – Die bosnischen Serben haben sich nach Angaben von UNO-Kommandeur Michael Rose zum Abzug ihrer schweren Waffen aus der Umgebung von Sarajevo bereit erklärt; eine entsprechende Einigung sei mit serbischen und muslemischen Kommandeuren erreicht worden. Die Waffensysteme sollen der Vereinbarung nach unter UNO- Aufsicht gestellt werden; UNO-Soldaten sollen auch Schlüsselstellungen in und um Sarajevo übernehmen. Mit sofortiger Wirkung wurde gestern nachmittag auch eine separate Waffenruhe für die belagerte bosnische Hauptstadt Sarajevo vereinbart.

Zur gleichen Stunde berieten in Brüssel die Botschafter der 16 Nato-Staaten über Luftangriffe auf Artilleriestellungen – eine Drohung, die offenbar ihre Wirkung tat. Allerdings konnte sich der bosnische Serbenführer Karadžić heute morgen ohnehin in aller Ruhe in den Genfer UNO-Palast zu den Verhandlungen begeben; denn daß die Nato vorläufig keine Luftangriffe gegen den serbischen Artilleriering um die bosnische Hauptstadt fliegen, ja Karadžić und seine militärischen Kommandanten noch nicht einmal mit einem klaren Ultimatum unter Druck setzen würde, zeichnete sich bereits ab, als die Botschafter der 16 Mitgliedstaaten gestern nachmittag kurz vor Redaktionsschluß der taz ihre Sitzung für zwei Stunden unterbrachen, um sich mit ihren Regierungen zu beraten. Zu diesem Zeitpunkt lag ein gemeinsamer französisch-amerikanischer Vorschlag auf dem Tisch. Danach soll statt eines Ultimatums für den Rückzug aller Artilleriegeschütze und anderer schwerer Waffen mit der klaren Androhung von Luftangriffen, falls der Rückzug nicht erfolgt, lediglich eine Frist für den Rückzug gesetzt werden. Befinden sich auch nach Ablauf der Frist noch schwere Waffen in dem zu räumenden Gebiet, sollen die Unprofor-Kommandanten beim Nato-Kommando Süd in Neapel Luftangriffe anfordern können, hieß es in dem französisch-amerikanischen Vorschlag. Diese könnten dann ohne erneute Befragung beziehungsweise Zustimmung von Nato-Rat, UNO-Sicherheitsrat oder -Generalsekretär erfolgen.

Der von zahlreichen Nachrichtenkorrespondenten initiierte Berichterstattungs- Boykott, zumindest über die für heute morgen vorgesehene Ankunft der drei bosnischen Delegationen im UNO-Palast (siehe gestrige taz), scheitert voraussichtlich am Widerspruch der britischen Nachrichtenagentur Reuter, deren Genfer Büro sich nicht beteiligen will. Bleibt Reuter bei dieser Haltung, werden aus Konkurrenz auch die anderen, ursprünglich boykottbereiten Nachrichtenagenturen und dann auch die Korrespondenten von Fernsehen, Hörfunk und Zeitungen sowie die Fotografen ihre Berichterstattung nicht einschränken. Andreas Zumach

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