: Werder im Friedelrausch
DFB-Pokal, Viertelfinale: Werder Bremen – 1. FC Kaiserslautern 2:2 / Im Elfmeterschießen traf Werder einmal mehr ■ Aus Bremen Markus Daschner
Die kleine Gemeinde Vorderweidenthal unweit von Kaiserslautern ist zu 99,5 Prozent rot „wie die Pfaltsch inschgeschamt“. Und zu 99,5 Prozent glaubt man dort auch, daß das Pokal-Viertelfinale Werder Bremen gegen Kaiserslautern ordnungsgemäß schon Anfang Dezember hätte stattfinden sollen: So jedenfalls erklärte es Stefan Kost, Vorderweidenthaler, Student der Betriebswirtschaft und reisender Fan in Personalunion, am Mittwoch abend im Weserstadion. „Mer sin nach wie vor der Meinung, daß dieser Schpielausfall gebland war.“
Man erinnert sich dunkel: Der Platz im Bremer Weserstadion war damals für unbespielbar erklärt worden, und das haben die Pfälzer den Bremern „bisch heude nit vergesse“. Karl-Heinz Menz, ebenfalls Pokaltourist aus der Pfalz, wußte sogar „von gude Verbindunge des Vereinschs“ zur Stadt. Werder-Manager Willi Lemke, eines der wenigen prominenten SPD-Mitglieder, das den hiesigen Sozialdemokraten noch geblieben ist, habe mit dem Sportamtschef gedealt. Ein typischer Fall von „Esch-Pe-De-Filtsch“, wie der Pfälzer auch im Namen der vielen Daheimgebliebenen einmal sagen wollte. Mindestens habe Werder Bremen deshalb einen „Dengzeddel“ verdient.
Zweimal sah es im Weserstadion auch so aus, als sollte Kaiserslautern Denkzettel verteilen können. Das erstemal nach einem Steilpaß auf den vom Züricher Grashopper zur Pfälzer Stechmücke mutierten Ciriaco Sforza, der sich, ungehindert von der Bremer Abwehr, einen Paß angelte und zum 1:0 ins Netz schoß (27. Minute); ein zweites Mal, als Reservist Axel Roos in der 115. Minute zum 2:2 einköpfte. Da waren 12.600 der 13.000 Zuschauer schon heimlich im Halbfinale gewesen, die anderen 400 seelisch schon auf dem Weg in die Pfalz.
Aber alle wurden jäh ins Stadion zurückgeworfen. Die Fans kamen auf ihre Kosten und genossen Pokal pur: Bremen mit Chancen, die anderen Mannschaften für drei Spiele ausreichen. Allein Wynton Rufer traf dreimal Pfosten und Latte und in der 30. Minute auch einmal ins Tor; Kaiserslautern mit deutlich weniger Chancen, aber immer gefährlich mit Kontern. Das änderte sich in der zweiten Halbzeit. Werder mußte Libero Rune Bratseth und Mittelstürmer Bernd Hobsch wegen Verletzung auswechseln, das nahm den Bremern ihren Schwung. Kaiserslautern drückte dann auch besser, fand in der neuformierten Abwehr deutlich mehr Löcher.
Dann kam die 60. Minute und der erste Pfälzer ging duschen: Torwart Ehrmann hatte gegen Bode vor dem Strafraum mit der Hand gerettet und mußte vom Feld. Danach waren die Karten neu gemischt, aber ein Tor fiel nicht mehr bis zur 90. Minute. Bei klirrender, feuchter Kälte dampften beide Mannschaften buchstäblich in die Verlängerung. Konditionell war wohl die Winterpause die Ursache, daß das kraftvolle Spiel auch in der vierten halben Stunde durchgehalten wurde. Die Tore von Bode (107.) und Roos fielen fast zwangsläufig.
Als ausgerechnet Andreas Brehme dann den ersten Elfmeter für Kaiserslautern vergeigte, glaubte niemand mehr an einen Denkzettel der Roten. Rufer, der beim Elfmeterschießen bald die Augen zumachen kann, und Thomas Schaaf hielten den Vorsprung, bis der Bremer Haudrauf Thorsten Legat die Partie wieder spannend machte. 5:5 um 22.46 Uhr, und beide Mannschaften hatten noch einen Schuß. Keine Frage, ein Fall für „Olli“ Reck. Die 7,32 mal 2,44 Meter hinter dem Bremer Torwart gehören mit zum bestgehüteten Rechteck der Republik. Und so scheiterte auch Thomas Ritter im fünften Anlauf seiner Mannschaft am Bremer Keeper, der damit Werder Bremen vor einem „Dengzeddel“ aus Kaiserslautern retten konnte.
Trainer Friedel Rausch faßte die knapp drei Stunden Fußball nach dem Spiel griffig zusammen: „Beide Mannschaften waren gut, aber wir waren am Ende die Deppen.“ Vorerst aber nur bis morgen. Denn dann treffen beide Mannschaften an gleicher Stelle in der Bundesliga wieder aufeinander.
1. FC Kaiserslautern: Ehrmann - Kadlec - Schäfer, Funkel - Lusch, Ritter, Sforza, Brehme, Wagner - Haber (73. Reitmaier), Kuntz (85. Roos)
Zuschauer: 14.000; Tore: 0:1 Sforza (27.), 1:1 Rufer (33.), 2:1 Bode (109.), 2:2 Roos (114.)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen