: Weg mit Schaden?
Ohne Zustimmung der Fraktionen vollzieht der Kultursenator offenbar schon die Privatisierung des Metropol-Theaters ■ Von Helmut Voltolini
Es ist noch nicht lange her, daß Kultursenator Roloff-Momin versicherte, das Land Berlin werde sich in bezug auf das Metropol- Theater und den Friedrichstadtpalast „nicht aus der Verantwortung stehlen“. Es war ja klar, daß es auf eine Lösung hinausläuft, „die privates Engagement einschließt“. Nun hat er sich aber, ohne weiter Aufhebens davon zu machen, offenbar bereits endgültig zu einer Lösung entschlossen, die ein Engagement des Landes Berlin ausschließt.
Wie aus zuverlässigen Quellen zu erfahren war, will der Kultursenator nicht in den nächsten Wochen, wie sein Sprecher Rainer Klemke sagt, sondern in den nächsten Tagen die Privatisierung des Metropol-Theaters besiegeln, ohne den Fall zuvor im Abgeordnetenhaus zu erörtern. Ganz im stillen soll der Übernahmevertrag mit der privaten Metropol-Theater-Managementgesellschaft mbH abgeschlossen werden, die schon lange im Gespräch ist und deren Gesellschafter (u.a. die Argenta Internationale Anlagegesellschaft mbH, München und die Hanseatica Unternehmens Consulting GmbH, Hamburg) eigentlich nur an den umliegenden Grundstücken und Immobilien interessiert sind.
Das bedeutet die Überführung des Metropol-Ensembles in eine vollkommen unsichere private Trägerschaft und gleichzeitig die Streichung sämtlicher Zuschüsse aus dem Landeshaushalt, wobei das Haus selbst zunächst im Besitz des Landes Berlin bleibt. Schon jetzt ist allen Beteiligten klar, daß es nach dieser „Kommerzialisierung“ in spätestens sechs Jahren bestenfalls nur noch ein Allerwelts-Gastspielhaus an diesem Standort geben wird. Die vertragliche Verpflichtung der Investoren, das Metropol insgesamt 15 Jahre lang als Operetten- und Musicalhaus zu erhalten, ist daran gebunden, daß das Land Defizite, die in den nächsten sechs Jahren entstehen könnten, nach Ablauf dieser Frist ausgleichen wird.
Das gesamte Ensemble wird zwar übernommen, sein Erhalt aber nicht garantiert. Bereits der Personal- und Stellenabbau von 1991 hat an die Grenze der Spielfähigkeit geführt. Durch eine weitere Reduzierung des Ensembles würde der täglich wechselnde Spielbetrieb, ohne den die klassische Operette verantwortlich nicht machbar ist, nicht mehr aufrechtzuerhalten sein. Und tatsächlich ist auch eine Garantie des Repertoirebetriebs nicht vorgesehen.
Mit diesem Ausverkauf stellt sich der Kultursenator in eklatanter Weise gegen die gemeinsame Erklärung der kulturpolitischen Sprecher aller Fraktionen vom 13.Januar 1994, in der es heißt: „Das Land Berlin beteiligt sich gesellschaftsrechtlich mehrheitlich an der Metropol-Betreiber GmbH. Der Repertoire-Spielbetrieb und das dafür strukturierte Ensemble sind zu erhalten.“
Auch der Kultursenator müßte als Aufsichtsratsvorsitzender des Theater des Westens wissen, daß gerade dieses Theater des gleichen Genres 1979 nur durch die Verstaatlichung vor der Schließung bewahrt wurde. Auch heute noch wäre dieses Haus ohne die Form der landeseigenen GmbH und die Millionen aus dem Landeshaushalt gar nicht lebensfähig, obwohl das Ensemble nur halb so groß ist wie das des Metropol-Theaters und seine Musicals bereits im En-suite- Spielbetrieb aufführt. Obwohl Theaterexperten, wie zum Beispiel Professor Matiasek, schriftlich auf die Unmöglichkeit einer rein privaten Führung des Metropol-Theaters hingewiesen haben, hält Roloff-Momin an seinem Weg fest.
Gegen diese unverantwortlichen Privatisierungsabsichten für das Metropol-Theater, das 1992/93 eine höhere Auslastung hatte als die Deutsche Oper, haben bisher auch schon über 100.000 BesucherInnen durch ihre Unterschrift protestiert. Dieses eindeutige Votum des Publikums wurde bisher vom Kultursenator genauso ignoriert wie die verschiedenen Lösungsmodelle zur Erhaltung des Theaters.
Im Abgeordnetenhaus müßte ein grundsätzlicher Beschluß darüber gefaßt werden, ob das Land Berlin als Träger oder Mehrheitsgesellschafter den Fortbestand des Metropol-Theaters als Operetten- Theater mit Repertoire-Spielbetrieb und seinem bestehenden festen Ensemble dauerhaft garantiert oder eben nicht. Es sieht jedoch ganz danach aus, daß der Kultursenator hier eigenmächtig Tatsachen schafft, bevor der demokratische Entscheidungsweg beschritten wird.
Foto: Michael Hughes/Sequenz
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