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Britannien gürtet die Waffen – zum Rückzug

■ Gespaltene Friedensbewegungen untermauern die britische Schlingerpolitik

Das Massaker an Dutzenden von Zivilpersonen auf dem Markt von Sarajevo führte auch in England zu scharfen Rufen nach einer militärischen Intervention in Bosnien. Doch mit Ausnahme wiederholter Androhungen von Luftangriffen gegen serbische Stellungen gibt es von seiten der britischen Regierung bislang keinerlei Indizien für eine echte Interventionsabsicht.

Tatsächlich hat sich die Politspitze stets selbst gegen die geringste Option von Luftangriffen gesträubt, und am Wochenende hat Außenminister Douglas Hurd erneut darauf bestanden, daß sich der Westen nicht auf bosnischer Seite in den Krieg hineinziehen lassen darf. Wenn die Regierung sich zu etwas aufrafft, dann allenfalls zur Vorbereitung der englischen Öffentlichkeit – auf den Rückzug. Die sonst als besonders kriegsbereit geltenden Engländer sind, so scheint es, dieses Mal aufgrund ihrer verbreiteten proserbischen Interessen gar nicht so wild aufs Dreinschlagen.

Die Forderung nach Luftangriffen und ein stärkeres militärisches Engagment wird allerdings von oppositionellen Kräften gefordert, sowohl inner- wie außerhalb des Parlaments. Paddy Ashdown, Führer der Liberaldemokraten, hat sich zum entschiedensten Anwalt einer militärischen Intervention gemacht; die Labour-Führer sind vorsichtiger, auch wenn sie die Schaukelpolitik der Regierung und der Europäischen Union kritisieren und schärfere Maßnahmen fordern. Zwei Elder statesmen der Labour Party, Tony Benn auf der linken Seite und Denis Healy von der moderaten Mitte, lehnen jedenfalls eine Intervention ab.

Die Politiker können sich die Zerrissenheit leisten – auch von „draußen“, von der Straße und den Intellektuellen, bekommen sie keine besonders ernsthaften Schwierigkeiten. Die Friedensbewegung hat sowieso schon lange nicht mehr die Kraft von früher und zeigt sich in der Ex-Jugoslawienfrage völlig gespalten. Die Campaign for Nuclear Disarmament hat überhaupt keine Position bezogen; European Dialogue, eine Abspaltung der European Nuclear Disarmament, ruft nach der Einrichtung einer UN-Pufferzone mit eigener militärischer Deckung, stellt sich jedoch gegen jede weitere militärische Intervention.

Kurz vor seinem Tod hat sich auch der berühmteste Veteran der Friedensbewegung, Edward Thompson, gegen jede Intervention ausgesprochen – weswegen ihn andere ehemalige Leitfiguren der Bewegung wie der frühere Greenham-CommonProtestler und Sprecher der European Nuclear Disarmament, Dr. Lynne Jones, schwer ins Gebet genommen haben.

Strittig sind in diesem Zusammenhang nahezu alle Details – sogar die Frage, ob eine Intervention zu noch größerem Elend führen kann oder nicht, findet auf beiden Seiten keine überzeugende Antwort. Den meisten ist klar, daß die Frage nach dem Erfolg und den Folgen einer Intervention in diesem Falle erst nach dieser wirklich beantwortet sein kann. Jedenfalls spielen die möglichen zusätzlichen Opfer einer Intervention in der englischen Diskussion heute eine herausragende Rolle.

Auch hier eine Situation, die sich entscheidend von früheren Kriegsanlässen unterscheidet: Die gut 200.000 Toten unter der irakischen Zivilbevölkerung werden bis heute auch nachträglich nicht als Gegenargument gegen das seinerzeitige Eingreifen angesehen. Michael Randle, London

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