Clinton will schärfere Libyen-Sanktionen

■ Ölboykott soll Auslieferung angeblicher Lockerbie-Täter erzwingen

Kairo (taz) – US-Präsident Bill Clinton fordert eine Verschärfung der Sanktionen gegen Libyen. In einem am Donnerstag dem US- Kongreß vorgelegten Jahresbericht bezeichnet er den nordafrikanischen Staat als „außerordentliche Bedrohung“ für die USA.

Die Regierungen der USA und Großbritanniens fordern von der libyschen Führung die Auslieferung zweier Libyer, die verdächtigt werden, für einen Bombenanschlag auf einen Jumbojet der US- Fluggesellschaft Pam Am über der schottischen Ortschaft Lockerbie verantwortlich zu sein. Bei dem Anschlag auf den Flug 103 von Malta über Frankfurt nach New York waren am 21. Dezember 1988 insgesamt 270 Menschen getötet worden. Der US-Geheimdienst CIA behauptet, die beiden libyschen Geheimdienstler Abdel Baset Ali Muhammad el-Megrahi und Ali Amin Chalifa Fhima hätten den Sprengstoff der Marke Sempex in Malta an Bord geschmuggelt. Um ihre Auslieferung zu erzwingen, verhängte der UN- Sicherheitsrat im April 1992 ein Luftverkehrs- und Waffenembargo gegen Libyen. Am 1.Dezember vergangenen Jahres wurden zudem auf Beschluß des Rates offiziell alle libyschen Auslandsguthaben eingefroren.

Die französische Regierung macht den libyschen Geheimdienst des weiteren für einen Anschlag auf eine Maschine der französischen Gesellschaft UTA verantwortlich. Das Flugzeug war 1983 über Niger abgstürzt. Alle 170 Insassen starben.

Clinton sagte am Donnerstag, falls Libyen weiterhin die internationale Gemeinschaft herausfordere, solle auch libysches Erdöl mit einem Embargo belegt werden. Ein solcher Boykott würde neben Libyen vor allem die Bundesrepublik und Italien treffen. Beide Länder beziehen einen großen Teil ihres Öls aus dem nordafrikanischen Land. Der Handel zwischen den USA und Libyen ist bereits eingestellt. Nun möchte Clinton auch verhindern, daß für die libysche Ölindustrie benötigte US-Güter über Drittländer nach Libyen exportiert werden.

Die beiden mutmaßlichen Lockerbie-Attentäter sollen in Libyen inhaftiert sein. Die libysche Regierung hat mehrfach angeboten, sie in einem neutralen Land wie der Schweiz oder den Niederlanden vor Gericht zu stellen. Auch ein Verfahren unter Aufsicht der Arabischen Liga war im Gespräch. Im letzten Monat hatten sich die Töne aus der Hauptstadt Tripolis aber verschärft. Der libysche Volkskongreß bestand darauf, daß laut libyschem Gesetz die Auslieferung von libyschen Staatsbürgern verboten sei. Anfang dieses Monats betonte ein Sprecher des libyschen Außenministeriums erneut, daß eine Auslieferung an die USA oder Großbritannien nicht in Frage komme.

Der schottische Rechtsprofessor Robert Black schlug diesen Monat vor, daß sich die beiden Libyer in Den Haag, dem Sitz des Internationalen Gerichtshofes, einer Verhandlung unter schottischen Gesetzen stellen sollen.

Clinton will sich auch persönlich für einen libyschen Oppositionellen einsetzen, der im Dezember in Kairo spurlos verschwunden ist. Der ehemalige libysche Außenminister Mansur Kikhiya war auf Einladung der Arabischen Menschenrechtsorganisation (AOHR) nach Ägypten gereist. Es wird vermutet, daß er vom libyschen Geheimdienst entführt wurde. Vor wenigen Tagen schickte Clinton einen Brief an dessen Ehefrau, in dem er versprach, Druck auf Libyen auszuüben. Karim el Gawhary