Hansa-Pils und Lachsschnittchen

■ HTHC ist Hallenhockeymeister und besiegt die Klischees Von Kai Rehländer

Eine Szene, wie aus dem Tennis-Clubhaus von „Zonnendaal“, der Feine-Leute-Gegend in der mäßig komischen holländischen Sitcom „Eine Familie zum Knutschen“, die allmontaglich vor den Bundies von RTL ausgestrahlt wird. Der ganzjahresgebräunte höchste Hamburger Sportfunktionär HSB-Präsident Dr. Friedel Gütt, vertreibt sich die Pause mit einem Smalltalk mit dem blaubeblazerten Hockeypräsident, dezentes Gedrängel und Geschubse herrscht vor dem Stand, an dem wahlweise Graved Lachs (mit Senfsauce) oder Räucherlachs (mit Sahnemeerrettich) auf knackigem Baguette gereicht wird, unterdes feiern jungsche Typen in Clubblazern am Bierstand. Wir befinden uns in der Hockey-Lounge, dem VIP-Bereich der deutschen Hallenmeisterschaft der männlichen Krummstöckler, die am Sonnabend und Sonntag in der Alsterdorfer Sporthalle ausgetragen wurde. Das Klischee der Sportart arrivierten Mittelstandes scheint sich zu bewahrheiten.

Szenenwechsel: „Gib ab Du Graupe“, brüllt ein etwa dreißigjähriger in quietschgelbem T-Shirt gekleideter Mann auf das Spielfeld. Ein Schlagzeug spielt Sambarhythmen und ein ebenfalls in der fürs Auge leicht injurient wirkenden Signalfarbe gekleideter Fanblock, der die eine Hälfte der ausverkauften Alsterdorfer Sporthalle einnimmt, wippt im Takt der Rhythmen, die ab und an von Hip-Hop-Einblendungen unterbrochen werden. Noch knapp 7 Minuten sind zu spielen und der heimische Harvestehuder THC liegt gegen den Dürkheimer HC im Finale um die deutsche Hallenhockeymeisterschaft mit 4:8 zurück. Es sind die Minuten von Christian „Büdi“ Blunck, des Nationalmannschaftskapitän in Diensten des HTHC, der so gerne mit seiner technischen Unfertigkeit kokettiert. Ihm ist es vorbehalten, eine wahrlich spektakulär anmutende Kombination zu vollstrecken und so zum 7:8 heranzukommen. Auch den Ausgleich schiebt – beim Hallenhockey darf der Ball nur geschoben werden – „Büdi“ in den Dürheimer Kasten, bevor in der Schlußminute sein Nationalmannschaftskollege Stefan Salinger den 9:8-Endstand markiert und dadurch den ersten Hallenhockeytitel nach Hamburg holt.

„Das war das beste, was ich je an Stimmung bei einem Hockeyturnier in Deutschland erlebt habe“, spricht Blunck in die Fernsehkameras, die ihm den Weg zu seinen Sekt-und-Hansa-Pils-verspritzenden Teamkollegen versperren.

Ziemlich undeutsch – nämlich amerikanisch – wirkte das, was die Veranstalter sich für diese Endrunde haben einfallen lassen. Schon der Einzug der Spieler im Spotlight, während der Rest der in „Hockeydome“ umbenannten Alsterdorfer Sporthalle verdunkelt war, wirkte wie aus der NHL, der amerikanischen Eishockeyliga, adaptiert. Ebenso die Musikeinblendungen in den Spielpausen. Über 4000 Zuschauende – auffällig viele Kids in der gängigen US-Sportswear – erfreuten sich an einer Finalrunde, in der streckenweise, vor allem während des sonnabendlichen Halbfinales zwischen dem HTHC und Limburg, hervorragendes Kombinationsspiel gezeigt wurde – so in der Art wie es etwa beim Eishockey nur selten zu sehen ist. Resümee: Attraktiver als der Eissport war es allemal und auch erfreulich weit von den gängigen Klischees entfernt.