Sanssouci: Vorschlag
■ „November“ und andere Bands und DJ's im Tacheles
Peter Hollinger Foto: Roland Owsnitzki
Gut, daß ich Peter Hollinger schon länger kenne. Wenn ich ohne Vorahnungen das Tape seiner neuen Band „November“ gehört hätte, hätte ich ihn für einen dahergelaufenen Schlagzeuger gehalten, der krampfhaft versucht, einen einigermaßen sauberen Beat hinzukriegen. Tatsächlich handelt es sich um einen schon fast dadaistischen Ansatz: Wir könnten auch ganz anders, aber jetzt wollen wir eben nicht anders. Hollinger gilt vielen als Jazzer, dieses Wort mag er aber überhaupt nicht. Auch von „Improvisierter Musik“ spricht er ungern. Als Soloartist hat sich der Schlagzeuger (auch das eigentlich ein zu enger Begriff) jahrelang von Kreuzberg aus durch die halbe Welt getrommelt. Er war in Vilnius, in der Knitting Factory, in der DDR. Wenn er seinen Koffer voll Musik öffnet, kommt ein Haufen Schrott zum Vorschein. Alteisen und ein Lieblingsinstrument: alte Plastikkanister. Wenn sich die Neubauten rechtzeitig aufgelöst hätten, Hollinger hätten sie um Rat fragen sollen, was man machen könnte.
Pop zum Beispiel. Mit der Sängerin Cecile Coiffard gründete er vor rund anderthalb Jahren „November“. Zuerst als Quartett konzipiert, flogen Gitarrist und Bassist schnell wieder raus. Sie paßten nicht in den Mikrokosmos. Musik kann man auch zu zweit machen, sagte sich das Paar. Und sie spielten einen kurzen, aber heftigen Gig im Tacheles, kaum vorbereitet. Schon damals schnitt Hollinger sein Schlagzeugspiel auf ein popkompatibles Mindestmaß zurecht. Cecile sang mit mädchenhafter Stimme und französisch-englischem Akzent dazu. Zwei Verliebte auf Reisen. Jetzt haben sie noch eine billige Orgel engagiert. Die zischt, Peter klopft vorsichtig aufs Blechrohr, Cecile haucht „dubidub“, und fertig ist der Minimalismuspop von nebenan. Einige Kritiker, die Hollingers Band Slaughterhaus lieben, sind entsetzt, wenn sie November hören. Danach regen sie sich dann im Jazzpodium auf, daß es viel zu laut gewesen sei: „Die kapieren das gar nicht.“ Dagegen hat die österreichische Stadt Wels Hollinger vergangenen November mit der Organisation eines dreitägigen Festivals betraut. Von Kartoffelgulasch über Jon Rose bis Konny Bauer war alles vertreten, was Rang und Namen hat. „Hollingern“ war der bescheidene Titel. Andreas Becker
Heute, 22 Uhr, Tacheles, Oranienburger Straße 53–56, Mitte.
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