: Kirche von oben statt Solidarität von unten
■ Evangelische Kirche: Kritik an 48 Millionen Mark teurem Haus
Der Kauf eines Gebäudes am Gendarmenmarkt durch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wird immer mehr zum Streitpunkt unter den Gläubigen. Der Preis von 48 Millionen Mark für das ehemalige Redaktionsgebäude der Neuen Zeit und zwei Nebengebäude sei gerechtfertigt, sagte EKD-Präses Jürgen Schmude am Freitag auf einer Veranstaltung in der Friedrichstadtkirche. Das Gebäude solle, so Schmude weiter, als Dienstsitz des „EKD- Bevollmächtigten am Sitz der Bundesregierung“ ausgebaut werden.
Heftig kritisiert wurde der Millionenkauf nun auch vom Superintentenden der evangelischen Kirche in Mitte und Pfarrer der Sophiengemeinde, Martin-Michael Passauer: Die Kirche müsse präsent, aber nicht repräsentativ sein, forderte Passauer. Der Kauf sei nicht nur ein Beweis, daß die Kirche über ihre Verhältnisse lebe, sondern auch ein Zeichen der „Kirche von oben“, der der angestrebten „Kirche von der Basis her“ widerspreche. Unter Hinweis auf nur acht Prozent der ehemaligen DDR-Bürger, die zur Zeit Kirchensteuer zahlten, prophezeite Passauer der Kirche, daß sie sich „auseinanderleben“ werde und ihr „Sensibilität und Solidarität“ abhanden gekommen sei.
Den Bewohnern in Prenzlauer Berg, kritisierten Vertreter der dortigen Elias-Gemeinde, sei eine solche Summe nicht zu erklären. Die Pfarrerin der Gemeinde, Elfriede Begrich, forderte daher die EKD auf, das Gebäude wieder zu verkaufen und den Erlös den Hungernden in dieser Welt zugute kommen zu lassen. Sollte ein Verkauf nicht durchsetzbar sein, müsse das Haus für Asylund Hilfesuchende geöffnet werden.
Die Elias-Gemeinde hatte bereits nach Bekanntwerden des Kaufs im vergangenen Dezember einen Protestgottesdienst veranstaltet, bei dem statt des Immobilienhandels mehr Heime und Suppenküchen für Obdachlose verlangt wurden.
Präses Jürgen Schmude, der auch für die SPD im Bundestag sitzt, will dagegen standhaft bleiben: Der Kauf, sagte er, werde nicht rückgängig gemacht. Zwar wäre auch ein bescheideneres Domizil möglich gewesen, entscheidend sei aber die Lage des Gebäudes in der Stadtmitte gewesen. Ein Teil der Räume, versprach Schmude aber seinen Kritikern, werde an kirchliche Einrichtungen vermietet werden, um so ein Drittel der Kaufsumme wieder einzuspielen. Uwe Rada
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