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Härter als ein Italo-Western

Reinhard Münsters „Alles auf Anfang“ (Wettbewerb) kann Geschlechterkämpfen trotz Harald Juhnke keine komischen Seiten abgewinnen  ■ Von Karl Wegmann

„Als Kind hat man mir immer ein Kotelett umgehängt, damit wenigstens der Hund mit mir spielt“, jammert Regisseur Viktor Rote (Udo Samel) als seine Frau, die Schauspielerin Riki Rote (Katharina Thalbach), ihm wieder mal die Hölle heiß macht wegen einer Affäre mit einer Jüngeren. Aber nicht nur die beiden bekriegen sich; im neuen Film von Reinhard Münster kämpft jeder gegen jeden. Dabei setzten sie gräßliche Waffen ein — Tschechow-Zitate und flache Witze (siehe oben). Deutsche Komödie, bleierne Zeit.

Die Geschichte ist so kompliziert, wie es nur eben geht: Der Filmproduzent Georg Kuballa (Harald Juhnke) hat die Absicht, sein Studio mit einem Film von Viktor Rote, der gerade mit seiner letzten Arbeit Erfolg hatte, sanieren. Viktors Bruder schreibt das Drehbuch und verliebt sich in Nina, die wiederum gerade eine Affäre mit Viktor hatte und unbedingt in dem neuen Film mitspielen will.

Kuballa hingegen würde gerne etwas mit Riki Rote anfangen, das klappt aber leider nicht. Kuballas Frau (Christiane Hörbiger), die ihrem Mann den Beruf finanziert und ein Verhältnis mit dem Chauffeur hat, glaubt aber trotzdem, er habe Erfolg gehabt und besteht darauf, daß Riki in dem neuen Film nicht mitspielt. Das Ergebnis: Geschlechterkampf, Machtkampf, Konkurrenzkampf aber nix Komödie. Im Laufe der Geschichte wechselt dann das Studio mehrfach den Besitzer, ein Jaguar wird abgefackelt, Juhnke zum Trottel gemacht, Drehbuchschreiber und Regisseur machen das, was Künstler in Deutschland am besten können, nämlich leiden, und Theresa Hübchen als Nina darf ausgiebig zeigen, daß sie wirklich nicht schauspielern kann. Der einzige Fels in dieser gefährlichen Deutscher-Humor-Brandung ist Detlev Buck. Er spielt den coolen Chauffeur („ich hasse Filme“), den Überblicker von Strukturen in ihrer Gesamtheit, und er spielt ihn wunderbar schlecht. Buck ist härter als ein Italo-Western.

Beste Schauspielerin ist Christiane Hörbiger. Als Lore Kuballa ist sie giftig wie eine Natter. Um die Thalbach und Harald Juhnke tut es einem ein bißchen leid, sie wirken, als würden sie auf Sparflamme spielen. Doch das liegt wohl weniger an ihrem Talent als vielmehr an ihrem Text. Bei „Alles auf Anfang“ wird die Geschichte den Schauspielern nicht gerecht. Schade, daß man Filmen kein Kotelett umhängen kann. Karl Wegmann

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