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Mutterfreuden, Familienkitsch

■ Márta Mészáros' „Der Embryo“ im Wettbewerb

Das Problem kennt man so ähnlich schon aus Mészáros' Film „Erbinnen“: zwei Frauen und ein Baby. Die eine kriegt es und will es nicht; die andere kriegt es nicht und will es.

Anna ist wieder schwanger, hat aber schon zwei kleine Kinder, ein halbfertiges Haus und ihren arbeitslosen János. Sie jobbt in einem Lebensmittelladen; das Geld reicht vorne und hinten nicht. Gerade wurde die Stereoanlage gepfändet, weil man die Raten nicht zahlen konnte. „Verfluchte Scheiße“, entfährt es János, als er vom Zuwachs für seine arme, aber gute (!) Familie erfährt. Ernstgemeinte Ablehnung vom potentiellen Vater etwa?

Nein, denn hier gibt es schon die ersten Symbole. Kleine, süße Kinder, die am Meer entlanglaufen und später von selig im Mutterleib schwimmenden Föten abgelöst werden. Mészáros will uns ein Märchen erzählen. Das Märchen vom Mutterglück und von der Stimme des Blutes und daß alles doch noch gut ausgeht, wenn man nur darauf hört. Nie kotzen rein- und weißgewandete Schwangere so fotogen, wie sie es in diesem Film tun.

Therese ist sehr reich, aber unfruchtbar und zudem besessen von ihrer Kinderlosigkeit. „Ein fairer Vertrag“ wird geschlossen: Anna trägt für Therese das Kind aus und bekommt dafür sehr viel Geld, krisenfeste Dollars. Sie wird, um ihre Familie zu täuschen, scheinbar nach New York geschickt, um in Wahrheit in einem ruhigen Landhaus ihrer Niederkunft entgegenzusehen.

Die Frauen kommen sich näher. Sie kichern zusammen wie Schulmädchen, probieren teure Kleider an, erzählen einander ihre Geschichte und gehen heimlich so richtig schick aus. Aus dem Handel soll eine Freundschaft werden – Anna soll Therese „helfen“. Oh Mysterium Frauenfreundschaft! Einblendung: Wieder Ultraschallaufnahmen und wieder glücklich schwimmende Föten. Alles geht offenbar gut, bis Anna den geheimen Raum des Landhauses öffnet, ein kitschig rosa ausgeleuchtetes Kinderzimmer mit einer grausigen Überraschung: präparierte Föten in einer Art Schrein. Anna weiß schließlich, warum Therese keine Kinder bekommen kann – es ist keine Liebe in ihr. Der Zuschauer atmet tief durch.

Anna hat als Urmutter, als die sie quasi präsentiert wird, die Liebe natürlich in sich, weswegen ihr auch prompt alle Männer verfallen. Thereses infantiler, autovernarrter Mann macht Anna ungeniert schöne Augen, und noch später wird Thereses Schwager ihr begehrlich um das Mysterium ihres gebenedeiten Leibes fassen. Je runder Anna wird, desto lauter schreit die Stimme des Blutes in ihr. Sie beginnt Therese Schwierigkeiten zu machen, Hysterie en bloc, garniert mit schwimmenden Föten. Was sie tut, sei unrecht, und natürlich erfährt es ihr János durch einen dummen Zufall. Zornig kommt er angereist, die Frucht seines Samens zu retten, und weinend fällt sich das Paar in die Arme, arm, aber gut. Die Wehen setzen ein, die Geburt, beides wird – natürlich außerordentlich fotogen – gefilmt. Nun wundert es auch nicht mehr, wenn Therese auf das Kind verzichtet und dem armen Paar noch dazu das Geld schenkt. Reich ist eben nicht gleich schlecht, sondern nur läuterungsbedürftig.

Márta Mészáros aber hat ihr großes Thema, Frauen und Kinder, nicht nur verkitscht, sie hat nicht nur das Seidenbanner unverbrüchlicher konservativer family values gehißt – Márta Mészáros hat ihrem Ruf als Regisseurin schwer geschadet. Anke Westphal

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