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Im Frauen-Erfolgs-Mobil

Pseudocool: J. Dahls „Die letzte Verführung“ (Panorama)  ■ Von Andreas Becker

Frauen können so verdammt böse sein. Und Männer so verdammt blöde. Wenn Frauen schon Karriere machen, dann aber bitte schön in der Hardcore-Domina- Pose. Damit wir Männer so richtig was zu leiden haben, wenn die Chefin uns zu sich ruft zur täglichen Umsatzabrechnung. Wenn sie dann noch die Alu-Jalousien ihres gläsernen Büros auf Schrägstellung bringt, heißt es, schnell eine Erektion kriegen und die schlechten Zahlen durch einen guten Fick glattbügeln. Sonst ist morgen ein anderer dran, und du bist arbeitslos, Schlappschwanz.

Das muß auch Drehbuchautor Steve Baranck schon mal erlebt haben. In „The Last Seduction“ jedenfalls klaut die trickreiche Bridget ihrem Ehemann seine gerade ergaunerte Drogenmillion, weil er so blöd war, das Geld nicht mit unter die Dusche zu nehmen. Bridget schwingt sich in ihr Frauen-Erfolgs-Mobil und knattert ab in die Provinz. Hier kann mich keiner finden, vor allem wenn ich mir sofort wieder einen Chefposten suche, anstatt das Geld einfach auszugeben. Ihre Manie, rückwärts zu lesen, läßt sie allerdings zu einem wenig erfolgreichen Geheimnamen greifen. Das bleibt so ziemlich ihr einziger Fehler.

Bridget (Linda Fiorentino) „will alles. Und sie will es jetzt“, sagt zumindest der popmusikalisch animierte Waschzettel zum Film. Deshalb steuert sie die Bierbar ihres Fluchtkaffs Beston an. Nur Typen in der Kneipe. Die Gespräche enden abrupt, als „Wendy“ sich mit wehendem Mantel, langen Nylonbeinen und starrem Blick einen Manhattan bestellt. Was sollte sie als New Yorkerin auch sonst trinken? Einer der Dorftrottel muß dem Barkeeper ein wenig auf die Sprünge helfen. Bridget kriegt ihren Manhattan und hat den edlen Spender am Hals. „Fuck off“, sagt sie noch, aber dann reißt sie frauenpowermäßig das Steuer rum und dem Typen den Reißverschluß auf. Wenn er schon mit ihr ficken will, soll er erst mal seinen Schwanz herzeigen. Dann treiben sie es im Auto und am Gartenzaun hängend. Hier ist Sex für den Mann noch harte Knochenarbeit, denn die postfeministische Heldin will befriedigt sein.

Der einfältige Mike verfällt Wendy, und weil er aus einem Kaff kommt, will er sie nicht nur vögeln, sondern auch gleich noch „kennenlernen“. Das ideale Opfer für eine „starke“ Frau also, die aus lauter Langeweile neben ihrem neuen Job auch noch Versicherungsbetrügereien ausheckt. Mike ist auch hier braver Erfüllungsgehilfe.

In New York ist inzwischen Wendys/Bridgets Mann aus der Dusche gekommen. Der schickt ihr Schnüffler auf den Hals, die so ungeschickt agieren, wie es in solch einem Film nur noch Männer dürfen. Der schwarze Detektiv muß Wendy ebenfalls seinen Schwanz zeigen, und das bei ziemlich hoher Geschwindigkeit. Mit der rast Wendy dann gegen den nächsten Baum. Der Detektiv stirbt, der Beifahrersitz hat nämlich keinen Airbag. So kühl-berechnend töten Frauen, die keinen Haushalt, Mann oder Kinder hüten müssen.

Die eigentlich hübsche Idee, Frauen könnten den Männern mordlustig die Macht entreißen, verkommt in „Last Seduction“ zum Klischee. Obwohl Bridget am Ende cool siegt, erntet sie keine Bewunderung. Der Film kann sich weder konsequent für Hollywood- Ästhetik entscheiden, noch geht er als American Independent durch. Regisseur John Dahl wollte die Atmosphäre eines Film noir, hat aber doch einen Buntfilm gedreht. Von Miles Davis inspirierte Musik („Fahrstuhl zum Schafott“) untermalt einen Möchtegern-Thriller. Dunkel sind hier nicht die Charaktere, sondern die schlecht ausgeleuchteten Gesichter, vor allem beim Sex. Daß der auch mit selbstbewußten Frauen Spaß machen könnte, scheint in Hollywood undenkbar oder zumindest unverfilmbar zu sein.

Der Film, dem es wie einer Frauenzeitschrift vorgeblich um die Befreiung der Frau geht, propagiert eher ihre möglichst perfekte Integration in ein weiterhin patriarchalisches Konkurrenzsystem. Auf dem steinigen Weg dorthin darf frau aber schon mal ein paar Männer aus dem Weg räumen.

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