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Ein Schuß Richtung Achillesverse

■ Mit der Entkriminalisierung von Drogen gegen die organisierte Kriminalität

„Ich bin nicht für die Legalisierung von Drogen. Ich bin für die Entkriminalisierung von Drogenbesitz“. Gleich mehrmals beteuerte Michael Kniesel, Staatsrat für Inneres, gestern seine Position. Am Ende raufte er sich fast die Haare und bat die jugendlichen Zuhörerinnen in der Schule Hamburger Straße um Verständnis. Denn Mißverständnisse hatten die Forderung Kniesels nach der kontrollierten Freigabe von Drogen begleitet. Und während der fast zweistündigen Diskussion über die Liberalisierung des geltenden Drogenstrafrechtes waren die Jugendlichen skeptisch geblieben. Nur zögerlich stimmten sie endlich zu: „Vielleicht nur, weil wir einsehen müssen, daß die bisherige Drogenpolitik auch nichts gebracht hat. Dann muß man vielleicht mal was anderes versuchen“.

Dabei hatte der Staatsrat sich den Mund fast fusselig geredet und an Argumenten nicht gespart: „Drogenbesitz gehört nicht zum Kernstrafrecht und muß deshalb nicht mit Strafe geahndet werden“, rüttelte der Liberale am Weltbild der SchülerInnen – und erzeugte Irritation. Weil die abschreckenden Warnungen von Eltern und Lehrern ungültig schienen, die besagen, daß am Anfang jeder elenden Suchtkarriere doch die weiche Droge als „Einstiegsdroge“ stehe.

Dem Verständnis der Jugendlichen half es wenig, daß der Staatsrat die Gefahr der weichen Drogen als konservatives Szenario entlarvte, das vor allem repressive Polizeimaßnahmen rechtfertige. „Außerdem werden solche Annahmen doch immer rückblickend vom Ende einer Drogenkarriere aus getroffen. Wieviele Menschen dagegen weiche Drogen konsumieren und nicht abhängig werden - darüber weiß man nichts.“

Selbst als Kniesel seinen gesamten Kriminologen-Berufsstand herbeizitierte, um zu untermauern, daß harte Drogen keine physischen Schäden verursachen, stieß er bei den meisten Jugendlichen auf Unglauben. „Wenn Heroin nicht krank macht, warum ist es dann verboten?“ fragten sie. Und: „Wie wollen Sie Prävention betreiben, wenn wir vor Drogen keine Angst haben müssen?“ So konfrontierten sie den ehemaligen Bonner Polizeipräsidenten mit ihrem Verständnis von Suchtgefahr und -prävention.

Immer wieder kollidierten die individuellen Perspektiven der SchülerInnen mit denen des innensenatorischen Vertreters: Die Jugendlichen dachten über die Freigabe von Drogenbesitz eher aus der Sicht derer nach, die vor Drogen geschützt werden müssen – oder den vorsichtigen mit Drogen lernen könnten. Während auf der anderen Seite Kniesels polizeiliches Kalkül stand: „Entkriminalisierung von Drogenbesitz ist eine Kriegserklärung an die organisierte Kriminalität. Wir träfen damit ihre Achillesverse – die Finanzen.“ Freilich, im Bremischen Alleingang sei diese Entscheidung nicht zu treffen. „Wir haben Inselwirkung, solange der Drogenproblematik vor allem im Süden mit Druck auf einzelne Abhängige begegnet wird“.

Daß es auch staatlicherseits um Geld geht, diese Kritik ging an die senatorische Adresse. „Resozialisierung wird doch gar nicht ausreichend bezahlt“, hieß es. Und der Verdacht wurde laut: „Wirklich gelöst werden die Probleme nicht mit kontrollierter Freigabe allein.“ Aber da stand der Polizeivertreter der konkreten Umsetzung im Weg: „Das sind politische Entscheidungen“, so Kniesel. ede

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