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Begrüßungsgeld in Manschnow

■ Willi Stellmacher, Bürgermeister in Manschnow/Brandenburg

taz: Der Gemeinderat von Manschnow zahlt jeder Frau aus dem Dorf 1.000 Mark bei der Geburt eines Kindes. In der DDR war das üblich. Was bezwecken Sie denn heute damit?

Willi Stellmacher: Na, auf keinen Fall wird ein Babyboom ausbrechen. Wir versuchen nur, den Leuten zu zeigen, wo es in den nächsten Jahren hingehen soll.

Offenbar zu mehr Kindern. Lieben sie Kinder?

Natürlich, hab' selber welche. Wir haben in unserem Dorf mit 1.600 Einwohnern eine verdammt gute Bevölkerungsstruktur. Ein knappes Drittel ist unter 18 Jahren.

Dann haben Sie den Nachwuchs ja nicht so dringend nötig.

Und ob wir ihn brauchen! In den 80er Jahren hatten wir bis zu 33 Geburten im Jahr. 1992 waren es sieben, letztes Jahr elf. Irgendwann müssen wir Kindereinrichtungen schließen, weil sie nicht mehr ausgelastet sind.

Statt Kindergartenplätze für vorhandene Kinder wollen sie Kinder für vorhandene Plätze.

Natürlich ist es eine Katastrophe, wenn Kindergärten und -horte schließen. Unterhalten sie sich mal mit jungen Ehepaaren. Der Wunsch, Kinder zu bekommen, ist doch nicht weg. Nur die Ungewißheit, wie ich Kinder und Beruf zusammenbekomme, läßt viele zögern.

Ein Köder für die Frauen?

Mein Frauenbild geht nicht in Richtung Kinder, Haus und Waschmaschine. In so eine Situation kommen die Frauen aber, wenn keine Kindereinrichtungen mehr da sind. Dann können sie mit Kindern nicht einfach in den Beruf zurück. Es geht doch nicht um die 1.000 Mark Begrüßungsgeld, sondern um den Versuch, politisch darauf hinzuarbeiten, daß Frauen in den Beruf zurück können.

Aber primär geht es doch um einen Anreiz für Frauen, nicht abzutreiben. Mit solchen Hilfsversprechen haben Konservative schon immer versucht, Frauen die Mutterrolle schmackhaft zu machen.

Unser Hintergedanke war, der jungen Bevölkerung zu signalisieren, daß die Gemeindevertretung einen Kinderwunsch unterstützt. Ich lass' mich auch nicht in eine konservative Ecke drängen. Wir könnten natürlich das Geld auch für ein vierfarbiges Pflaster auf dem Dorfplatz ausgeben.

Sind Sie in einer Partei?

In der CDU.

Meinen Sie, der Papst würde sich über Ihre Initiative freuen?

Ich könnte Ihnen noch nicht einmal sagen, wer der Papst ist. Ein Pole, glaub' ich Interview: Bascha Mika

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