: Konservative Förderer
■ Kritik an Gutachten der Senatsverwaltung für Wirtschaft über Frauenförderung / Tonfall stößt übel auf
Eine „frauenfreundliche Wirtschaftspolitik“ laufe Gefahr, sich als „familienfeindlich zu erweisen“. Mütter in Betrieben sollten abwechselnd ihre Kinder in Spielecken betreuen, auch „wenn diese Einrichtungen nicht den Vorschriften über öffentliche Kindergärten, wohl aber den Verhältnissen bei familiärer Betreuung zu Hause entsprechen“. Solche und ähnliche Sätze tauchen in einem von der Senatsverwaltung für Wirtschaft jüngst herausgegebenen Gutachten über Frauenförderung in kleinen und mittleren Betrieben auf. „Ideologisch einseitig“ ist das Papier, lautete gestern der Vorwurf von Sibyll Klotz, stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen.
Die von Professor Horst Albach von der „KMU Bonn/Gesellschaft für Mittelstandsforschung und Beratung“ für 300.000 Mark in eineinhalb Jahren erstellte Expertise wertete Klotz als ein weiteres Beispiel für die Ignoranz gegenüber den Problemen von Frauen. Albach mache die Mittelstandspolitik zur „Frauenförderung per se“. So würden flexible Arbeitszeitregelungen und Teilzeitverträge gepriesen, zugleich aber die Kehrseite von untertariflicher Bezahlung und minder qualifizierter Jobs in kleinen und mittleren Betrieben unterschlagen. Klotz' Befürchtung: Die Studie könnte als „klammheimliche Argumentationshilfe“ bei den kommenden Haushaltsberatungen benutzt werden. Sie forderte Meisner auf, das Gutachten mit einem kritischen Kommentar zu versehen.
In Zweifel gezogen wurde auch die Erhebungsmethode der Wissenschaftler. Carmen Giese vom Verein „Akelei“ monierte, daß die Analyse zur Situation von Unternehmerinnen sich lediglich auf 63 ausgewertete Fragebögen berufe, obwohl es in Berlin rund 36.000 selbständige Frauen gebe.
Auch bei der Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen stößt das Gutachten auf Kritik. Bereits im Dezember hatte Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) ihre Bedenken gegenüber ihrem Kollegen und Parteifreund Meisner zur Sprache gebracht. „Wenn man schon Modelle der Frauenförderung untersuchen will, sollte man sich auf Großunternehmen konzentrieren“, faßte gestern Sabine Lang, persönliche Referentin der Arbeitssenatorin, die Schwachpunkte des Gutachtens zusammen. Es reiche nicht aus, wenn Frauenförderung allein auf Arbeitszeitmodelle, bessere Qualifizierung und allgemeine Rahmenbedingungen hinauslaufe.
Unberücksichtigt bliebe in dem Gutachten, daß „konkrete finanzielle Anreize“ für Unternehmen notwendig seien, um an der „strukturellen Benachteiligung“ der Frauen in der freien Wirtschaft zu rütteln, so Lang zur taz. Severin Weiland
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