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Aufs Laken gekleckert

■ „Do it yourself“: Angie Stardust stellte ihre erste CD vor, die mit Laubsägen nichts zu tun hat

Wenn starke schwarze Frauen singen, kommt ziemlich oft nur Gutes dabei heraus – Namen wie Aretha Franklin, Mavis Staples oder Patti La Belle sprechen für sich. Doch selbst wenn Schwergewicht Angie Stardust, die allwöchentlich von Mittwoch bis Samstag über dem Tivoli in Angie's Nightclub ins Mikro röhrt, keinen derartigen Ruhm einheimsen wird: Ihre erste CD Do it yourself, mit der sie jeden ermuntert, beherzt Hand an sich zu legen, kann sich hören lassen.

Produziert hat die Debüt-Single von „Big black Mama“, die - informierten Kreisen zufolge – das Licht der Welt männlichen Geschlechts erblickte und deren Karriere als Sängerin im „Apollo Club“ im New Yorker Stadtteil Harlem begann, Matthias Rewig. Vier Tracks wird die funkige Maxi-CD enthalten, nämlich die schon als Abschluß der Auftritte mit den KGB-Clowns bekannte Single version, einen House mix, ein kurzes Interview sowie ein weiteres Stück, das jedoch noch gar nicht ausgewählt ist. Der Herr von den Never heard before-Studios (NHB), bei denen die Songs eingespielt und abgemischt wurden, sieht Angies Debüt zuversichtlich: Neben der Maxi-CD soll Do it yourself auf zwei Samplern eingekoppelt werden, für die man hoffnungsfroh Verkaufszahlen von insgesamt 1,2 Millionen Stück erwartet. Für Angie ein hübsches Geschäft – wenn pro Sampler zwei Mark für die Urheberrechte abgeführt werden und sie sich bei je 20 Tracks also jeweils pro CD 10 Pfennig aus dem Kuchen schneiden darf, sind das immerhin 120.000 Mark - so die Prognosen denn zutreffen.

Um so bedauerlicher waren vor dem Hintergrund derartig sonniger Aussichten die Schwächen der Vokalistin, die in den Siebzigern schon in Andy Warhols Factory mitarbeitete, bei ihrer Live-Darbietung am Dienstag in ihrem Night Club. Während das semischwule Publikum noch ordenltich abhottete zu der Aufforderung, das eigene Erbgut in Handarbeit lustvoll aufs Laken zu kleckern, waren nach „Where is my man“ spätestens bei der Coverversion von Limahls „Too shy“ deutliche Sangesschwächen nicht mehr zu überhören. Allein eingeschworene Angie-Fans schenken solchem Frevel höchstens ein kurzes Anheben der linken Braue, während sie an ihrem Mai Tai nippen. Sie wissen, wie Angie klingt, wenn sie ihre Nervosität vor einem Rudel Medienfuzzies nicht mit manchen Gläschen der halbtrockenen Hausmarke weggespült hat. Nämlich viel besser.

Burkhard Zimmermann

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