: Berliner Luft läßt den Atem anhalten
■ Umweltatlas veröffentlicht: Wasser trüb, Wälder sterben weiter, von „Gesundung kann nicht gesprochen werden“
Den Aalen in Havel und Spree geht es etwas besser. Ihr Fettgewebe enthält inzwischen weniger Gift als noch vor einigen Jahren. Schlechter als die Fische sind allerdings Berlins Bürger dran: Die Gesundheitsbelastungen durch Umweltverschmutzung konnten nicht reduziert werden. Trotz Katalysatoren in Autos ist der Kohlendioxidgehalt der Stadtluft nicht gesunken, weil die Zahl der Kraftfahrzeuge rasant gestiegen ist, erklärte Berlins Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) gestern am Rande der Umwelttechnik-Messe Utech.
Senator Hassemer mußte es wissen. Er präsentierte den Umweltatlas Berlin, der erstmals flächendeckende Daten über die Umweltverschmutzung im gesamten Stadtgebiet enthält. Von wenigen positiven Ausnahmen abgesehen – beispielsweise sank die Luftbelastung durch Schwefeldioxid und Stickoxide – entsteht durch das Zahlenwerk ein eher düsteres Bild. Die Wasserqualität in den Seen hat sich in den vergangenen Jahren nicht entscheidend verbessert, die Wälder sterben weiter langsam vor sich hin. „Von Gesundung kann nicht gesprochen werden“, so Hassemer.
Die entscheidenden Probleme der nächsten Jahre liegen im Bereich des Autoverkehrs und der Altlasten. Von letzteren verzeichnet der Umweltatlas 5.075 vergiftete Flächen im Berliner Stadtgebiet: 4.300 Industriestandorte und über 700 Deponien. Der östliche Bezirk Treptow, einst Sitz großer Fabriken, ist am meisten gebeutelt. An 454 Stellen liegen dort Chemikalien im Boden.
Bislang liegt nur der erste Band des Umweltatlas vor, der in 14 Karten den Zustand von Boden und Wasser beschreibt. Ein zweiter Band zu Luft, Klima und Verkehr soll folgen. Zum Zwecke der Untersuchung wurde Berlin in 25.000 Untersuchungsgebiete unterteilt. Ergebnis für die BürgerInnen: Die detaillierten Karten liefern Umweltinformationen über die eigene Straße oder gar den eigenen Häuserblock.
Manchem werden da die Augen übergehen: Da sind Schrebergärten in Neukölln extrem mit Blei belastet, oder vor dem Lieblingsbadeplatz am Havelstrand ist das kühlende Naß besonders dreckig. Mit dem Umweltatlas habe die Berliner Verwaltung jetzt eine konkrete Grundlage für umweltgerechtere Planungen, verlieh Hassemer seiner Zukunftshoffnung Ausdruck. Hannes Koch
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen