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Apotheken-Kontrolleur übersieht Ehefrau

■ Bremens einziger Aufseher ignoriert Konflikt um Apotheken von Frau und Schwiegermutter

Axel Brausen ist ein vielbeschäftigter Mann. Als Leiter und einziger Mitarbeiter der staatlichen Apothekenaufsicht hat er über gut 150 Bremer Apotheken zu wachen. Außerdem ist er neben allerlei anderem Kleinkram auch noch für die Überwachung aller Bremer Heilpraktiker zuständig. Bei soviel Last auf seinen Schultern ist es kaum ein Wunder, daß er einmal den einen oder anderen Regelverstoß übersieht. Kein Wunder allerdings dürfte es sein, daß sich Brausen bisher nicht mit einem Konflikt befaßt hat, der seit Monaten um zwei Apotheken in der Kornstraße tobt und jetzt auch das Bremer Arbeitsgericht beschäftigt. Eigentümerinnen der „Nettelbeck-“ und der „Huckelriede-Apotheke“ sind nämlich Brausens Ehefrau und seine über 70jährige Schwiegermutter.

Nachdem die im vergangenen Jahr die Huckelriede-Apotheke übernommen hatte, trat sie dort persönlich zwar nie in Erscheinung, setzte aber ihre Unterschrift unter die Kündigung von drei der fünf Mitarbeiterinnen. Als Chefin vor Ort trat die Tochter der Besitzerin und Ehefrau des Apothekenaufsehers Brausen auf den Plan. „Die wollten lieber junges Personal, wir waren ihnen einfach zu teuer“, sagt eine der Betroffenen, die nach 24 Jahren plötzlich auf der Straße stand. Immerhin haben alle drei Gekündigten vor dem Arbeitsgericht inzwischen Abfindungen von rund 30.000 Mark erstritten.

Arbeitsrechtlich ist der Fall damit erledigt. Apothekenrechtlich birgt er jedoch weiterhin Sprengkraft. Ist doch das Arbeitsgericht zumindest in einem der drei Fälle davon ausgegangen, daß es sich bei „Nettelbeck-“ und „Huckelriede-Apotheke“ um eine wirtschaftliche Einheit handelt, innerhalb der betriebsbedingte Kündigungen nur nach Abwägung der sozialen Umstände aller Beschäftigten beider Apotheken möglich seien. Doch eine solche „wirtschaftliche Einheit“ wäre ein klarer Verstoß gegen das Apothekenrecht und müßte den Apothekenprüfer Brausen auf den Plan rufen.

„Der Fall ist uns hier nicht bekannt“, hieß es allerdings gestern beim Sprecher des Gesundheitsressorts, Wolfgang Beyer. Bekannt sei allerdings, daß Apothekenprüfer Brausen sowohl die Nettelbeck- als auch die Huckelriede-Apotheke nicht persönlich lizensiert habe. Beyer: „Das hat Herr Brausen damals wegen Befangenheit abgelehnt.“

Die Genehmigung wurde schließlich vom Justitiar der Senatorin erteilt, die laufende Kontrolle der beiden verwandtschaftlich so eng miteinander und mit dem Kontrolleur verbundenen Apotheken liege in Händen von „Honorarkräften“. Die allerdings packen ihre Berichte auch erstmal auf Brausens Tisch. „Es gibt hier eben nur einen einzigen Apothekenaufseher, das ist das Problem“, meint Behörden-Sprecher Beyer schulterzuckend.

Und dessen Kontrolle ist offenbar so gut wie unmöglich. Brausens direkter Vorgesetzter, Abteilungsleiter Matthias Gruhl, zumindest sieht sich nicht dazu in der Lage. „Das Apothekenrecht ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln“, sagte er gestern auf die Frage, ob die vom Arbeitsgericht unterstellte „wirtschaftliche Einheit“ zweier Apotheken kein Verstoß gegen das Gesetz sei, „da muß ich erst Herrn Brausen fragen.“

Einer zumindest kennt sich außer Axel Brausen auch noch aus. Anwalt Klaus Gätjen, der Brausens Schwiegermutter vor dem Arbeitsgericht vertritt und auch der Apothekenkammer als Justitiar dient, gestern zur taz: „Die ganze Sache ist doch völlig normal.“ Warum schließlich solle sich eine Apothekenbesitzerin bei dauernder schwerer Krankheit nicht von ihrer Tochter vertreten lassen, zumal dann, wenn die eine Apotheke führt, die nur ein paar Häuser weiter liegt. Und daß die über 70jährige Frau überhaupt noch eine Apotheke gekauft hat? – „Das ist doch ein Beruf, den man problemlos auch noch in hohem Alter ausüben kann.“ Dirk Asendorpf

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