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Ein ganz heißer Frühling an der Nordseeküste

■ Tarifkonflikt Metall-, Fisch- und Kautschuk-Industrie: Die Zeichen stehen auf Streik

Dem Norden steht ein tarifpolitisch heißer Fühling bevor: In der Metallindustrie laufen derzeit die Arbeitskampfvorbereitungen auf Hochtouren. Nach Niedersachsen, wo bei der Urabstimmung 92,2 Prozent für Streik votierten und wo am Montag der Ausstand beginnt, wird in Hamburg die Metaller-Befragung am 16. März stattfinden. „Wenn die Arbeitgeber nach Beginn des Arbeitskampfes zu keinem Kompromiß bereit sind, wird an der Küste nachgelegt“, so IG Metall- Küste-Chef Frank Teichmüller.

Streikbeginn bei den Nordlichtern wäre dann der 21. März. Teichmüller: „Mit dem Tandem Hannover-Küste hat der Arbeitskampf hervorragende Erfolgsaussichten.“ An der Küste stehe die Kampffähigkeit „wie eine Eins“. 160.000 MetallerInnen hatten sich im Norden an Warnstreiks beteiligt, darunter, so Teichmüller, die Belegschaften zahlreicher Kleinbetriebe, viele Angestellte und eine große Anzahl Unorganisierter, die alle zum ersten Mal bei Warnstreiks dabei waren.

In Hamburg wird sich der Streik wohl zunächst auf die Werft Blohm & Voss und den Flugzeughersteller Deutsche Airbus konzentrieren. Damit möchte die IG Metall frühzeitige Fernwirkungen auf Betriebe in anderen Tarifgebieten unterbinden, um den Unternehmern keinen Vorwand für kalte Aussperrungen zu geben. Kalt Ausgesperrte erhalten weder Lohn noch Streikgeld, müssen also vom Ersparten leben oder zum Sozialamt gehen. Die IG Metall kämpft gegen eine Nullrunde beim Lohn sowie gegen Kürzungen von Urlaub und Urlaubsgeld.

Auch in der Hamburger Fischindustrie stehen die Zeichen auf Sturm: Nach Warnstreikaktionen wird die Gewerkschaft Nahrung, Genuß, Gaststätten (NGG) die 2500 MitarbeiterInnen zur Urabstimmung aufrufen. Obwohl es der Gewerkschaft in dieser Woche gelungen war, bei Hawesta Fischkonserven (Lübeck) mit 3,9 Prozent mehr Lohn einen Pilotabschluß durchzusetzen, wollen die Elb-Fischunternehmen nur zwei Prozent mehr Gehalt zahlen. Und das auch nur, wenn die NGG im Manteltarifvertrag Kürzungen bei Urlaub, Arbeitszeit und Jahressonderzahlungen akzeptiert. “Unsere Geduld ist am Ende. Wir werden nun auch den unbefristeten Streik angehen“, so NGG-Sprecher Adrian Zimmat.

Von einem Streik werden vor allem die fischverarbeitenden Betriebe am Fischmarkt betroffen sein, die Delikateß-Konserven abpacken (Friedrichs, Großmann). Allerdings wird die Gewerkschaft zunächst den Abschluß von Haustarifverträgen anbieten, „eine Maßnahme, um vernüftigen Arbeitgebern und wirtschaftlich schwachen Betrieben eine Alternative zum Streik zu bieten“, wie es NGG-Sekretär Michael Hoffmann formuliert.

Die IG Chemie hat gestern ebenfalls die Tarifverhandlungen für die 8000 Beschäftigten der Hamburger Kautschuk-Industrie für gescheitert erklärt. „Die Arbeitgeber sind nicht von ihrem Kahlschlag-Katalog abgerückt“, so der IG Chemie Bezirks-Chef Wolfgang Baumhöver zur taz. Die Forderung der Gewerkschaft nach Preissteigerungsausgleich hatten die Unternehmer mit der nach Wegfall von zwei freien Tagen sowie Kürzungen von Zuschlägen, Leistungslohn und von Jahresprämien gekontert.

Zu dieser Branche gehören die Phoenix und die Harburger Gummiwarenfabrik. Kautschukprodukte werden vor allem in der Autoindustrie (Schläuche, Armaturen) sowie für Förderbänder verwendet, jedoch nicht zur Reifenproduktion. Bevor die IG Chemie zur Urabstimmung aufruft, muß sie, am 25. März, noch die Schlichtungsstelle durchlaufen.

Kai von Appen

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