Täter schuldunfähig

■ Urteil im Paketbombenmord / Ex-Freund muß in die Psychiatrie

Freiburg (taz) – Im Mordfall Kerstin Winter hat das Schwurgericht Freiburg sein Urteil gesprochen. Der Angeklagte wurde für schuldig befunden, Kerstin Winter ermordet zu haben, und seine Einweisung in ein psychiatrisches Landeskrankenhaus angeordnet. Die Kammer folgte damit der Einschätzung der Gutachter, daß der 39jährige zur Tatzeit aufgrund einer „paranoid halluzinatorischen Schizophrenie“ schuldunfähig war.

Im Januar vergangenen Jahres war die 24jährige Krankenschwesternschülerin, die sich in der linksalternativen Szene Freiburgs engagiert hatte, bei einem Paketbombenanschlag ermordet worden. Spekulationen über einen möglicherweise politisch motivierten Anschlag hatten daraufhin für großes Aufsehen gesorgt.

Die Ungereimtheiten während der Ermittlungen – unter anderem war aufgrund eines fadenscheinigen Indiziengebäudes kurzzeitig der bei der Explosion in der Wohnung anwesende Freund Kerstin Winters in Untersuchungshaft genommen worden – setzten sich auch im Prozeßverlauf fest. „Die Beweislage schien zunächst nicht einfach“, so der Vorsitzende Richter, „dann tauchte – fast wie im Kriminalroman mitten in der Hauptverhandlung – das Werkzeuggutachten auf und brachte die entscheidende Wende.“

Über dieses Werkzeuggutachten, dessen spätes Eintreffen der Gutachter des Landeskriminalamtes (LKA) mit Arbeitsüberlastung begründete, konnte mit Sicherheit bewiesen werden, daß ein Metallplättchen an der Bombe mit einer Zange bearbeitet worden war, die sich im Besitz des Angeklagten befand. Erst das bewog die Schwurgerichtskammer, in „der Gesamtschau der Indizien“, die jeweils „für sich nicht ausgereicht hätten“, die Schuld des Angeklagten als erwiesen zu sehen.

Obwohl trotz intensiver Untersuchungen in der Wohnung des Fernmeldehandwerkers keine Spur vom Bombenbau entdeckt wurde. Obwohl der Beschuldigte bis zum Schluß die Tat bestritt. Und obwohl das Motiv nicht schlüssig geklärt werden konnte.

Der Eifersuchtstheorie der Staatsanwaltschaft – zwischen dem 39jährigen und Kerstin Winter hatte vor Jahren eine kurze Liebesbeziehung bestanden – mochte sich das Gericht jedenfalls nicht anschließen. Der Angeklagte, der unter der Vorstellung leidet, von äußeren Mächten zerstört zu werden, hätte in „einer plötzlichen Übertragung“ sein „Opfer mehr oder weniger zufällig“ ausgewählt. „Kerstin Winter ist damals“, so der Vorsitzende Richter, „durch einen uns nicht näher bekannten Umstand in das Blickfeld des Angeklagten geraten.“ Ulrich Fuchs