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Erst Töpfers Biblis-Weisung, dann Kohls „Lex Siemens“

■ betr.: „Töpfer will Biblis für die RWE retten“, taz vom 2.3.94

[...] Diese Weisungen sind, wie Herr Töpfer gern betont, „im Grundgesetz verankert“. Schöne Verankerung, denn erst ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts machte es so richtig möglich: Die Länder haben Atom-Weisungen der Bundesregierung grundsätzlich zu befolgen, auch wenn deren Inhalt rechtswidrig ist! Wie soll man das Bürgern verständlich machen, die meinen, in einem Rechtsstaat zu leben? Ist es das, wenn Kanzler Kohl lauthals lästert: Wir wollen keinen Rechtsmittelstaat?

Aber der ganz große Hammer der Atomideologen in Bonn kommt erst noch. Zwar wird im Wahljahr die dicht bevorstehende, einer „Lex Siemens“ gleichkommende Atomgesetzänderung ein Wettlauf mit der Zeit. Das atomideologische Bonn hat einen Weg ausgekungelt, bei dem man die Gesetzesänderung am Bundesrat vorbei durchbekommt. So wie die Bundestagsmehrheiten jetzt liegen – jedenfalls bis zur Wahl. Und der Text ist so kompliziert, daß Fachjuristen berechtigte Zweifel daran haben, ob alle Bundestagsabgeordneten die Tragweite dessen überblicken können, was sie mit ihrem „Ja“ zu dieser „Lex Siemens“ anrichten. Hintergründe, Konsequenzen und Zusammenhänge dieser „Lex Siemens“ exakt zu erläutern, schaffen auch Fachjuristen nicht unter 20 Seiten Schreibmaschinentext. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) brachte es in einem Pressetext auf den Punkt: „Gefährliches Spiel mit Grundrechten und Atomunfällen.“

Der neue Gesetzestext ist maßgeschneidert auf die seit Jahren laufende Siemens-Propaganda für einen Zukunfts-Euro-Atomreaktor. Außerdem bewahrt der neue Gesetzestext die 20 in entscheidenden Punkten fehlkonstruierten Siemens-Atomkraftwerke vor alsbaldiger Stillegung durch die zuständigen Behörden der Länder. Eine richtige „Lex Siemens“ eben. Zu dem Stichwort „Fehlkonstruktionen“ nur soviel: schon als die ersten dieser 20 Siemens-Atomkraftwerke konstruiert und gebaut wurden, wußte man, daß sich beim Super-GAU hochexplosives Wasserstoffgas bildet, also seit den sechziger Jahren. Aber erst Anfang der neunziger Jahre fing man an, wegen dieses längst bekannten Phänomens herumzulaborieren – in der Reaktorruine von Großwelzheim bei Kahl. Praktisch ist bisher nichts dabei herausgekommen. [...] Dr. Hans Grossmann, Maintal

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