: Südafrikas Rechte vor Spaltung?
■ Die rechten Weißen beschließen definitiven Wahlboykott, aber eine Minderheit ist unzufrieden / Mandela verhandelt
Durban (taz) – Eine Viertelstunde vor Mitternacht hetzte Südafrikas Ex-Militärchef, General Constand Viljoen, am Freitag ins Büro der Wahlkommission in Johannesburg, um sich kurz vor Ablauf der bereits verlängerten Frist für die ersten demokratischen Wahlen in der Geschichte des Landes zu registrieren. Am Samstag nachmittag erklärte der Führer des rechtsextremen Bündnisses „Afrikaner Volksfront“ (AVF) dann: „Die Afrikaner Volksfront wird sich nicht beteiligen. Wir werden keine Kandidatenliste einreichen und unsere Registrierung verfallen lassen.“ So haben sich nun insgesamt 29 Parteien für die Wahlen vom 26. bis 28. April eingetragen – darunter seit wenigen Tagen auch die konservative Schwarzenbewegung Inkatha. Aber das Verwirrspiel um die Wahlbeteiligung der in der „Freiheitsallianz“ verbündeten rechten Weißen und konservativen Schwarzen wird weitergehen. Denn General Viljoen hatte nicht seine „Afrikaner Volksfront“ registrieren lassen, sondern eine bis dahin unbekannte „Vryheidsfront“ (Freiheitsfront). Dies gibt ihm theoretisch die Möglichkeit, trotz der Mehrheitsentscheidung der Volksfront für einen Wahlboykott unter diesem Namen doch mitzumachen. Denn Viljoen und eine Reihe weiterer ehemaliger Generäle wollten die Wahlteilnahme, unterlagen am Samstag aber bei einer Abstimmung in der AVF Hardlinern um Ferdi Hartzenberg, Chef der Konservativen Partei, und dem Neofaschisten Eugene Terre Blanche von der „Afrikaner- Weerstandsbeweging“ (AWB).
Auch die Beteiligung Inkathas ist nicht endgültig. Auch sie müßte bis Mittwoch ihre Kandidatenliste vorlegen. Aber die Gruppierung Mangosuthu Buthelezis macht dies von weiteren Gesprächen mit dem ANC abhängig. Unter anderem soll die Frage der internationalen Vermittlung geklärt werden, auf die sich Buthelezi und ANC-Chef Nelson Mandela am vergangenen Dienstag geeinigt hatten. Buthelezi besteht zudem auf einer Verschiebung der Wahlen, um genug Zeit für Wahlkampf zu haben. Präsident de Klerk wie auch Mandela sind aber dagegen.
Inkatha ist registriert – und zögert weiter
Inkatha verlangt eine weitgehende Autonomie für das von Südafrika geschaffene Homeland Kwa Zulu, in dem Buthelezi als „Chief Minister“ regiert. Die Organisation bemüht sich bereits seit Wochen um ausländische Vermittlung und sprach unter anderem in der Schweiz vor. Inkatha will Rechtsexperten für diese Aufgabe gewinnen. Ein Angebot der deutschen Regierung, einen Verfassungsexperten als Berater für Inkatha zu schicken, nahm Buthelezi freilich nie wahr. Staatspräsident Frederik W. de Klerk hält nichts von ausländischer Vermittlung und scheint mit seiner Geduld am Ende. „Wenn diese neuen Bemühungen, eine alle einschließende Lösung zu finden, bedeuten, den ganzen Prozeß grundsätzlich neu zu öffnen, dann sind wir dagegen“, erklärte er am Rande seiner Wahlkampftournee in Natal, der Provinz, in der Inkatha am stärksten ist. Seine Regierung hält auch das Sicherheitsrisiko eines Boykotts durch militante Wahlgegner für kontrollierbar: „Es wird die Lage komplizieren, aber unmöglich ist eine Stabilisierung trotzdem nicht.“
ANC-Führer Nelson Mandela bestätigte gegenüber Diplomaten, daß er Inkatha-Boß Buthelezi mit „hohen Posten“ in der zukünftigen Regierung gelockt habe – selbst wenn Inkatha nicht an den Wahlen teilnehme. Notfalls müsse dann eben nach den Wahlen die bestehende Übergangsverfassung verändert werden. Mandela pochte laut seiner Darstellung außerdem auf die historische Verantwortung der politischen Führer: „Vor der Geschichte haben wir die historische Pflicht, uns zu einigen.“
Nicht nur die Gespräche mit Buthelezi zeigen: Der ANC-Vorsitzende versucht nahezu frenetisch, auch die letzten Boykotteure zur Wahlteilnahme zu überreden. Er kündigte an, daß er mit dem Zulu-König Zwelethini Goodwill sprechen wolle, der jüngst die Sezession der Zulu-Gebiete in Natal von Südafrika verlangte. Mandela traf sich sogar mit de Klerks Vorgänger P.W. Botha, um ihn zu bewegen, seinen Einfluß auf die rechtsradikalen weißen Demokratisierungsgegner geltend zu machen. Und einen im Alleingang vereinbarten Termin mit AWB- Führer Terre Blanche sagten Mandelas Mitarbeiter ganze sechs Stunden vorher ab. Willi Germund
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