■ „Hände weg, Professor!“: Ein Fall, der Schule machen könnte
Der Hieb saß besser als jeder Tiefschlag angesichts der Vergewaltigung: Mit ein paar Anrufen beim „Rosa Telefon“, bei dem Frauen auch anonym ihre Sorgen und Leiden abladen können – haben wir eine ganze Klasse Intellektueller in die schwerste Krise ihrer Karriere gebracht. Wir haben denunziert, unter Namensnennung und Androhung von Veöffentlichung, wie verbreitet es ist, Studentinnen zu sich „einzuladen“, um ihnen Prüfungsthemen zu „verraten“ – mit vorangehender Ejakulation überall dahin, wo die Herren der Examen es für erogen halten. Viele tausend solcher Ferkeleien gehen alljährlich über den Katheder, und wir wollen damit Schluß machen. Übrigens auch unsererseits, denn als „bequeme“ Examensentlastung nahmen das durchaus nicht wenige von uns in Kauf. Wir haben dafür bereits Prügel in Massen bekommen. Geplagt vom schlechten Gewissen, mehr aber noch von der Angst, bei den eigenen Frauen hinausgeworfen zu werden, wenn die Sache ans Licht kommt, haben sich Hunderte von Profs ans Telefon gesetzt und ihre Opfer vor Indiskretionen „gewarnt“. Nach dem sexuellen Mißbrauch war das der zweite Teil, die Einschüchterung, die Bedrohung, die Ankündigung des intellektuellen „Aus“. Ein Glück, daß wir unsere Pappenheimer kennen und bereits früh begonnen haben, alles mitzuschneiden. Das ist illegal, aber die einzige Chance, der Rache zu entgehen, und einige Staatsanwältinnen haben uns sogar ermutigt, dies zu tun. Erstaunlich, wie groß die Sache in der Presse herauskam – und wie schnell sie wieder verschwand. Nachfragen haben ergeben, daß seither auch in Redaktionsstuben Angst vor Aktionen wie „Giu le mani, prof“ (Hände weg, Professor) herrscht, ebenso wie in den Führungsetagen großer Konzerne und sogar in den Wandelhallen des Parlaments. Wir hoffen, daß sich die Bewegung ausbreitet, bis kein Fummler mehr wagt, seine Pfoten unter irgendwelchen Vorwänden in unsere Klamotten zu stecken. Elisa Baghetti
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen