: Tohuwabohu in der Kammer-Tochter bbi
■ Katastrophale Verluste, Rücktritt der Geschäftsführer und allerhand private Nebengeschäfte
Bei den 220 MitarbeiterInnen der Angestelltenkammer und ihrer „Wirtschafts- und Sozialakademie“ geht die Angst um – die Angst vor der von der DGB-Mehrheitsfraktion geplanten Vereinigung mit der 100prozentigen Angestelltenkammer-Tochter „Berufsbildungsinstitut“ (bbi). Als GmbH schiebt das bbi nämlich einen Schuldenberg von fünf Millionen Mark vor sich her. Und nachdem Ende Februar auch noch die beiden Geschäftsführer zurückgetreten sind, ist das bbi vollends in den Ruf eines Pleiteprojekts geraten, für das die Angestelltenkammer bürgen muß.
Gestützt wird die Befürchtung, das bbi könnte auch den Rest der Angestelltenkammer in seinen Schuldenstrudel hineinziehen, durch die Stellungnahme der Hamburger Unternehmensberatung „Meyer & Partner“. Im Auftrag der Kammer-Geschäftsführung hatte sie das bbi durchleuchtet und dabei festgestellt, daß dessen Finanzkrise eine Dimension erreicht hat, die „größer ist, als die Bilanz 1992 ausweist“. Grund dafür seien Probleme „struktureller Natur“, zum Beispiel die „fehlende Effizienz in der Abwicklung von Maßnahmen“. Allein im Jahr 1992 sei de facto ein Verlust von rund einer Million Mark aus dem „operativen Geschäft“, d.h. den Bildungs- und Umschulungsmaßnahmen, zu beklagen gewesen. Die beim Amtsgericht hinterlegte bbi-Bilanz weist dagegen lediglich einen Bilanzverlust in Höhe von 600.000 Mark aus.
Neben der harschen Kritik am gegenwärtigen Zustand des bbi kommt die Hamburger Unternehmensberatung allerdings auch zu dem Schluß, daß das bbi „hohe Fachkompetenz“ besitzt und „in seinen Kernbereichen leistungsstark ist und die Potentiale für den wirtschaftlichen turn-around“ hat.
Im Vergleich dazu wirkt die tatsächliche Negativbilanz allerdings um so erschreckender. Ein Grund dafür dürfte das ausgiebige Engagement der zurückgetretenen bbi-Geschäftsführer und einiger führender Mitarbeiter für private Geschäfte sein. So mußte bbi-Geschäftsführer Gerald Graubner für seine Firma „bbi-Transfer“ im vergangenen Jahr Konkurs anmelden (die taz berichtete). Das allerdings hatte bbi-Mitarbeiter Heinz Kraus im Oktober 93 nicht daran gehindert, für den gleichen Markt der internationalen Bildungsprojekte eine neue Firma, genannt „ADI-Consult“ zu gründen.
Davon habe die bbi-Geschäftsführung allerdings nichts gewußt, versichert Kammer-Geschäftsführer Eberhard Fehrmann und verweist auf entsprechende eidesstattliche Versicherungen. Gegenüber der bbi-Belegschaft hatten Graubner und seine Geschäftsführer-Kollegin Marion Seevers allerdings am 14. Februar zugegeben, Kraus im Oktober 93 eine „Nebentätigkeit im Sinne einer ehrenamtlichen Vorstandsfunktion“ für ADI-Consult genehmigt zu haben. Fehrmann trotzdem: „Ich habe von ADI erstmals Anfang Februar erfahren.“
Dieser mangelnde Informationsfluß zwischen bbi und seinem alleinigen Gesellschafter Angestelltenkammer sei neben „unvereinbaren Auffassungen über die Auslandstätigkeit“ dann auch der Grund dafür gewesen, daß er „den Rücktritt der Geschäftsführung sofort angenommen habe“, so Fehrmann. Nach seinem Rücktritt ist Ex-bbi-Geschäftsführer Graubner (Jahresgehalt 220.000 Mark) nun wieder bei der Angestelltenkammer beschäftigt. Tatsächlich gibt es dort für ihn allerdings nichts zu tun, außerdem verweigert der Kammer-Personalrat bisher die Einrichtung einer entsprechenden Stelle.
Die Finanzprobleme der Angestelltenkammer-Tochter bbi werden demnächst auch noch die Bürgerschaft beschäftigen. Die CDU hat gestern eine Große Anfrage zu diesem Thema eingereicht. Damit will sie insbesondere in Erfahrung bringen, warum der Senat und der Wirtschaftssenator als Aufsichtsbehörde „nicht eingegriffen haben, um rechtzeitig eine Schadensbegrenzung vorzunehmen?“ Ase
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