■ Press-Schlag: Pikierte Herrensegler
Eigentlich mag keiner so richtig Thomas Friese. Das mag zum einen an den Umgangsformen des Hamburger Ekel-Klamotten-Herstellers liegen: Entweder laut oder mies drauf, so richtig nett hat ihn noch keiner erlebt. Muß auch nicht sein, Friese ist zumindest erfolgreich bei seinen sportliche Ambitionen, dem Hochseesegeln. Fünf Regatten wurden bisher in der neuen Mumm-36-Bootsklasse gesegelt, vier gewann Friese.
Ein besonders guter Segler ist Friese nicht. Früher war er noch kreativ: Da entwickelte er mit dem Einsatz von Wasserballast zur Beschleunigung des Schiffes völlig neue Formen der Fortbewegung. Weil das aber nicht erlaubt war, verabschiedete er sich für zwei Jahre aus dem Sportgeschehen. Jetzt ist Friese wieder da. Für eine Handvoll Dollar, vierhundert pro Tag und Mann müssen es schon sein, kaufte er sich Cracks wie den Segel-Weltmeister Russell Coutts ein und setzte sie auf seinem Boot, der Thomas- I-Punkt, an die Pinne. Das lockt Spott hervor: „Was redet der Mann eigentlich vom Segeln, der kauft sich Profis, hält seine Glatze in die Sonne und läßt sich spazierenfahren“, stichelt Achim Griese, zweifacher Admirals Cup-Sieger, und weiß, daß Yachtsegeln in den letzten Jahren sowieso niemanden interessiert hat.
Seit dem vergangenen Jahr gibt es da eine Änderung: Die Segler selbst haben dem abnehmenden Interesse Rechnung getragen und neue Klassen beschlossen: Schneller, schnittiger und dynamischer stellen sich die drei neuen Typen vor, auf denen jetzt auch alle zwei Jahre die inoffizielle Weltmeisterschaft der Hochseesegler, der legendäre Admirals-Cup in der Irischen See ausgetragen wird.
Schön für Daimler-Benz, daß diese Umorientierung gerade mit dem Einstieg in den Segelsport zusammenfällt. Der Stuttgarter Automobil-Konzern setzt auf das saubere Image des Wassersports: Naturverträglichkeit, Teamgeist und technische Innovation. Mit einem Sportförderkonzept namens „Aerosail“ will man gleichzeitig den Segelsport in den Bereichen Hochsee, olympisches Segeln und Umwelt unterstützen und auch noch am positiven Image des Konzerns basteln. Den Olympiaseglern hilft man mit Strömungsvermessungen auf dem Revier vor Savannah, wo 1996 gesegelt wird, in Mecklenburg- Vorpommern hat man eine Studie zur Umweltverträglichkeit des Wassersports vorgelegt und beim Hochseesegeln ist man mit eigenen Schiffen dabei.
Was auf den Segelsportrevieren abläuft ist das alte, für die Medien ach so interessante Spielchen: guter Junge, böser Junge. Auf der einen Seite der lautstarke Klamottendealer, auf der anderen die Herrensegler. Achim Griese, Jörg Disch und Jochen Schümann, allesamt bei olympischen Spielen erfolgreich, konnten für Aerosail gewonnen werden. Geld gibt es nicht viel zu verdienen, aber einmal kann man noch im Rampenlicht stehen. „Eine junge Crew aufzubauen ist interessant, man kann die Fortschritte miterleben“, beschreibt Griese seine Motivation.
Und dann ist da noch das Fernziel, daß sie alle gemeinsam fesselt: Nach dem Admirals Cup im kommenden Jahr wird das Konzept fortgeschrieben — alle hoffen auf den America's Cup, die Regatta an der noch kein deutsches Boot teilgenommen hat, und damit auch auf den Einzug in die Ruhmeshalle des Segelsports. Dennis Fock
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