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Klöckner-Rettung „fragwürdig“

■ Wirtschaftsminister ist skeptisch über Bremer Stahl-Politik

Zweimal im Jahr treffen sich die Wirtschaftsminister der Länder zu einer routinemäßigen Konferenz, diesmal war Bremen dran. Wie jedesmal stattete der Bundeswirtschaftsminister Günter Rexroth der Runde seinen Höflichkeitsbesuch ab. Die Konstellation ist sehr ungleich: die Länderminister haben in ihrem begrenzten Bereich etwas zu sagen, der Bundeswirtschaftsminister im ganzen Land eher wenig. Und so redete die Runde über die Großwetter- und sonstige allgemeine wirtschaftliche Lage.

Über ein kontroverses Thema wie die Stahlkrise sprachen die Wirtschaftsminister nicht. Der Bremer Senator Claus Jäger wollte die Gelegenheit, Rexroth in Bremen zu haben, nicht verstreichen lassen, ohne mit ihm gemeinsam zu einer Pressekonferenz zu laden. Jäger berichtete dort, er habe Rexroth die bremische „Interessentenlösung“ erläutert, die – obwohl das Land mehrere hundert Millionen zuschießt – eine privatwirtschaftliche Rettung der Bremer Hütte sei. Man müsse aber Verständnis dafür haben, daß der Bundeswirtschaftsminister dazu keine Stellungnahme abgebe.

Rexroth meinte höflich, das Bremer Modell sei „nachvollziehbar, jedenfalls aus der Sicht des Landes“. Auf Bundesebene sei allerdings ein „erheblicher Abschmelzprozeß“ beim Stahl erforderlich, die Produktionskapazitäten müßten um 20-30 Prozent reduziert werden. Auf die Frage, wieviele Arbeitsplätze dabei vernichtet würden, wollte er nicht antworten. (Wenn man berücksichtigt, daß die Stahlkrise von den Unternehmen genauso wie von der Bremer Hütte zu internen Rationalisierungen genutzt werden, muß man den Arbeitsplatzabbau auf mehr als 30 Prozent schätzen.)

Durch einige Journalisten-Nachfragen genervt, wurde Rexroth dann doch deutlicher. Denn was heißt schon „nachvollziehbar“! Er sei auch mal Landeswirtschaftsminister gewesen, erzählte Rexroth, „ich habe da auch viel gesündigt“. Das Konzept habe nicht nur in Brüssel, sondern auch in Bonn „Fragen aufgeworfen“, in diesem Sinne sei es „fragwürdig“. Jäger müsse „Brüssel noch überzeugen“. Der Bremer Wirtschaftssenator warf an dieser Stelle ein, der Verhandlungspartner der EG sei nicht das Land Bremen, sondern der Bund, also Rexroth. Daraufhin Rexroth wörtlich: „Mich muß er auch noch überzeugen.“ K.W.

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