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Anschlag "nicht unterstützt"

■ Prozeß um Maison de France: Kämpferischer Mielke-Stellvertreter Gerkard Neiber weist jede Verstrickung in das Attentat zurück / Haftbefehle gegen mutmaßlichen Terroristen Johannes Weinreich

Am Anfang und am Ende gab es einen kräftigen Handschlag für den Angeklagten und einst Untergebenen. Zwischendurch Schelte für den „Strafverfolgungswahn“ des Staatsanwalts: Gerhard Neiber, ehemaliger stellvertretender Minister für Staatssicherheit (MfS), trat gestern kämpferisch auf im Prozeß um den Anschlag auf das Maison de France. Der 64jährige frühere Generalleutnant bezeichnete eine Stasi-Verstrickung in den Anschlag auf das französische Konsulat im August 1983 als „absurd“. Man habe den Anschlag „weder gebilligt noch unterstützt“. Ziel des Ministeriums sei es gewesen, den Terrorismus unter Kontrolle zu bringen und zu bekämpfen. Dazu hätten auch die Kontakte mit der Gruppe „Carlos“ und deren Stellvertreter Johannes Weinrich gedient, erklärte Neiber, der erst kürzlich aus fünfzehnmonatiger Untersuchungshaft entlassen wurde. Er räumte ein, in Hinblick auf das Ziel der Terrorabwehr sei die Stasi gezwungen gewesen, „zeitweilig Zugeständnisse“ an die Gruppe zu machen, deren Mitglieder sich oft in Ost- Berlin aufhielten.

Der Mielke-Stellvertreter verwies auf ähnliche Bemühungen der westdeutschen Behörden, die mit eingeschleusten Informanten Erkenntnisse über die Rote Armee Fraktion (RAF) sammelten und dabei auch Attentatsvorbereitungen wie gegen die gesprengte Strafanstalt in Weiterstadt bei Darmstadt duldeten. Niemand habe deswegen das Bundeskriminalamt der RAF-Unterstützung verdächtigt, sagte Neiber – und zog sich den Unmut von Staatsanwalt Mehlis zu. Der giftete, Neiber versuche seine Aussage zum „Forum für Stasi-Propaganda“ zu machen.

Der Stasi-Vize, gegen den fünf Verfahren laufen, will mit der Herausgabe des Sprengstoffs nicht befaßt gewesen sein, der beim Anschlag benutzt wurde. Dabei waren ein Mensch getötet und 23 schwer verletzt worden. Der Zeuge, der wegen der eigenen Strafverfolgung nähere Aussagen verweigerte, räumte ein, daß die Herausgabe des ein Jahr vor dem Anschlag beschlagnahmten Sprengstoffs das Ergebnis eines „längeren diplomatischen Drucks“ der Syrer gewesen sei. Neiber stellte zugleich in Frage, ob der beim Attentat verwendete Sprengstoff der gleiche gewesen sei, den das MfS zur Lagerung in der syrischen Botschaft freigab. Die Anklage wirft dem ehemaligen Unterabteilungsleiter Helmut Voigt vor, er habe den Sprengstoff an die „Carlos“- Gruppe weitergegeben, obwohl das MfS detailliert von den Anschlagsplänen wußte.

Gegen Weinrich, der wie Carlos in Damaskus lebt, gibt es zwei neue Haftbefehle. Aus Tagebüchern, die der ungarische Geheimdienst Mitte der achtziger Jahre heimlich fotografierte, gehe Weinrichs Beteiligung an einem Bombenanschlag in Athen hervor. Im April 1983 entging der saudische Botschafter nur knapp dem Tod, als eine Bombe unter seinem Wagen gezündet wurde. Der ungarische Geheimdienst ist auch die Quelle für Hinweise auf ein von Weinrich verübtes Attentat auf den Münchner Sender „Radio Freies Europa“ im Jahre 1981. Dabei wurden acht Menschen verletzt.

Unklar ist die Beteiligung Weinrichs an einem Anschlag auf die amerikanische Botschaft in Beirut im April 1983. Damals wurden 50 Menschen getötet. In der Stasi-Akte finden sich Skizzen und Ausspähungsnotizen Weinrichs zu diesem Attentat. Die Staatsanwaltschaft hält Weinrich auch der Beteiligung an zwei Anschlägen auf einen französischen Zug und den Hauptbahnhof von Marseille Ende 1983 für schuldig. Die Bomben töteten sechs Menschen und verletzten 32 schwer. Gerd Nowakowski

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