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Pasteten, Pech und Pannen

■ Wie Deutsche den Gürtel enger schnallen: "Wohlstand ade!", Do., 23 Uhr, ARD

Immer mehr Deutsche versetzen ihren Fernseher! Die Qualität des Programms nähert sich der nach unten offenen Harald-Schmidt-Skala. Doch das sind nicht die einzigen Gründe für den Gang zur Pfandleihe. Der Fernseher ist neben der Stereoanlage und dem Videorecorder das erste Konsumgut, das unter den Hammer kommt.

Das Thema liegt auf der Hand. 6,6 Millionen Arbeitsplätze fehlen. 1,5 Millionen überschuldete Familien; eine Million Obdachlose; 76 Milliarden Mark Dispo- und 324 Milliarden Mark Konsumkredite. Die schwerste Rezession seit Gründung der Bundesrepublik erschüttert das Land: das umgekehrte Wirtschaftswunder.

Regisseur Erich Schütz hat einen Film über Pfandleiher, Konkursverwalter, Schuldenberater und Pleitegänger gedreht. Es wird wenig gelacht in dem Film. Mit dem von Kohl geschürten Optimismus hat eine Frau aus dem Osten eine Drogerie eröffnet. Die designte Ladeneinrichung kostete sie eine Stange Geld, die sie jetzt von der Sozialhilfe abstottert. Auf diese Steine können Sie bauen, dachte ein Ehepaar aus Frankfurt. Derweil der Rohbau zur Ruine verrottet, klettern ihre Verpflichtungen in die Hunderttausende. Wir geben Ihren Schulden ein Zuhause... Auch im einstigen Vorzeige-Bundesland Baden-Württemberg steht das Konjunkturbarometer lange schon auf Tief. Die geschmacklos-pompöse Einrichtung eines Ex-Unternehmers erinnert an fette Jahre. Jetzt hat der Mann nicht einmal mehr Geld in der Portokasse.

Szenenwechsel nach Köln. Im größten deutschen Pfandleihhaus streicht die Kamera wehmütig über Hitachi-, Toshiba-, und JVC- High-Tech-Unterhaltungselektronik, die dort gegen Bares zurückgelassen wurde. Mit gedämpfter Wut artikulieren die Befragten vor der Kamera ihren Unmut. Über Politik redet keiner; die Rezession, so scheint es, ist etwas von Gott Gewolltes. Von wenigen zaghaften Hinweisen einmal abgesehen: So präzise, pointiert und journalistisch routiniert Erich Schütz seine Beobachtungen staffelt, so unpolitisch bleibt sein Film. Viel persönliches Schicksal, wenig strukturelle Zusammenhänge, keine Schlußfolgerungen außer: „Rezession ist die Zeit des verstärkten Verteilungskampfes zwischen Arm und Reich.“

Allein das Einstreuen galliger Zwischentöne macht den Film doch sehenswert. Abermals Schnitt: von der Pleite zur Pastete. An den Fleischtöpfen der Republik schieben sich pergamenthäutige Partylöwen im repräsentativen Gästehaus der Bundesregierung auf dem Petersberg über den Dächern Bonns unermüdlich die Langusten in den Hals und geizen nicht mit gutgemeinten Parolen fürs Fußvolk: „Ärmel hochkrempeln, in die Hände spucken und mehr leisten!“ lautet der heiße Tip vom kalten Buffet der herrschenden Klasse. Derweil der Koch die exotischen Speisen für die Reichen aufzählt, zählen andere die Banken, bei denen sie Schulden haben. Manfred Riepe

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