: „Washington wird sich die Finger verbrennen“
■ EU-Vermittler David Owen wirbt noch immer für die Dreiteilung Bosniens
Genf (taz) – Der neueste Versuch zur Beendigung des Krieges in Bosnien sorgt für Ärger zwischen den USA, Großbritannien und Rußland. Während die große Mehrheit der zwölf Staaten der Europäischen Union (EU) den Plan, nach dem die ex-jugoslawische Republik als eine muslimisch- kroatische Föderation konstituiert werden soll, die später eine Konföderation mit Kroatien eingehen soll, unterstützen, arbeitet EU- Bosnien-Vermittler David Owen dagegen – und wirbt weiter für eine Dreiteilung Bosniens.
In einem Schreiben an die EU- Außenminister, das der taz vorliegt, hatte Owen bereits am 14. Februar argumentiert, „der wesentliche Nachteil“ des US-Planes sei, „daß er keinen Spielraum für Gebietsaustausch zwischen Serben und Kroaten mehr läßt“. Zwecks „Einbindung der USA“ solle zudem die „Verantwortung für eine Friedensvereinbarung in Bosnien an die Nato-Außenminister und Mitglieder des UN-Sicherheitsrats“ übertragen werden. Sonst, warnte der EU-Vermittler, „könnte sich der Vorgang vom Mai letzten Jahres wiederholen, als die USA den Vance-Owen-Plan fallen ließen und dabei die gesamte EU völlig an den Rand drängten“.
Am 2. März, dem Tag nach der Unterzeichnung der Washingtoner Grundsatzvereinbarungen zwischen bosnischen Kroaten, Muslimen und Kroatien, versammelte Owen in Genf EU-Diplomaten um sich und wiederholte seine Warnungen. Wie ein Teilnehmer der Runde berichtete, „scheiterte“ der EU-Vermittler allerdings „bei der großen Mehrheit mit dem Versuch, die EU auf eine ablehnende Linie gegen die Washingtoner Vereinbarung festzulegen“. Offene Unterstützung habe Owen lediglich bei den Briten gefunden. Inzwischen wird aus der Umgebung von Owen und UNO-Vermittler Thorvald Stoltenberg die Einschätzung verbreitet, „die USA werden sich bei ihren diplomatischen Bemühungen um eine Bosnien-Lösung die Finger verbrennen“.
Nach Informationen der taz soll der Plan unmittelbar nach Abschluß der von US-Unterhändler Charles Redman vermittelten Wiener Detailverhandlungen am 15. März in Washington unterschrieben werden – voraussichtlich in Anwesenheit von US-Präsident Bill Clinton. Clinton wolle bei diesem Anlaß offiziell die Unterstützung der USA für die Wiederherstellung der vollen Souveränität Zagrebs über die serbisch besetzten Gebiete Kroatiens erklären. Problematisch ist diese Bedingung des kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman vor allem deshalb, weil es für eine Abzugsbereitschaft der serbischen Besatzungstruppen aus Kroatien ebenso wenig Anzeichen gibt wie für die Akzeptanz der muslimisch-kroatischen Föderation durch die bosnischen Serben.
Zudem waren die Versuche von US-Vermittler Redman, den serbischen Präsidenten Slobodan Milošević zu einer entsprechenden Einflußnahme auf kroatischen und bosnischen Serben zu bewegen, erfolglos verlaufen. Und auch die Regierung in Moskau lehnt den Föderationsplan ab. Redmans russischer Counterpart, Witalj Tschurkin, sprach ohne nähere Erläuterung von „rechtlichen Problemen“. azu
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