■ Mit giftigen Informationen auf du und du: Amerikas Erfahrungen
Berlin (taz) – Es geht auch anders: US-amerikanische Behörden und Firmen sind bei der Veröffentlichung von Umweltdaten deutlich weniger zugeknöpft als ihre deutschen Pendants. Seit den sechziger Jahren schon zwingt der „Freedom of Information Act“ die ohnehin zugänglicheren US-Verwaltungen, alle Akten an informationssuchende BürgerInnen herauszugeben, die nicht explizit als geheim klassifiziert sind.
Einen besonderen Kniff hat sich der US-Kongreß 1986 für seine chemische Industrie ausgedacht. Nach der Katastrophe von Bophal verdonnerte er die Unternehmen dazu, jährlich ihre tatsächlichen Emissionen von über 320 giftigen Substanzen zu veröffentlichen. Die Zahlen müssen computerlesbar der US-Umweltbehörde EPA zur Verfügung gestellt werden. Die gibt die Daten auf Papier, online oder auf CD-Rom an interessierte BürgerInnen und Kommunen weiter. Inzwischen sammelt die die Emissionsdaten von rund 19.000 Unternehmen. Dazu gehören auch dieTöchter der deutschen Chemieriesen Hoechst, BASF und Bayer.
Der erzieherische Effekt war enorm. Nachdem Bürgerinnen und Bürger die Giftschleudern in ihrer Nachbarschaft als solche identifizieren konnten, wuchs der Druck gerade auf Unternehmen der chemischen Industrie. Anders als Grenzwerte, die sich auf die zulässige Vergiftung pro Kubikmeter Luft beziehen, ist die jährliche Vergiftung durch Kilos und Tonnen einer bestimmten Substanz vorstellbar. Die Zahlen für 1987 zeigten, daß die US-Industrie damals über vier Millionen Tonnen giftigster Stoffe abließ.
Die Angst deutscher Unternehmen, durch solche Veröffentlichungen Know-how an Konkurrenten zu verlieren, erwies sich dabei als wenig begründet. Die weitreichenden Informationspflichten haben den US-Töchtern des BASF-Konzerns jedenfalls nicht geschadet. BASF-Jurist Jürgen Fluck erklärte kürzlich in Berlin: „Wir haben keine konkreten Fälle, wo wir Verluste beim Know- how feststellen mußten.“ ten
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