: Einstürzende Neubauten im Regierungsviertel
■ Bundestag billigt Berlin-Umzug / Ministerien sollen in Altbauten ziehen
Bonn (taz) – Die Neubaupläne von Bonner Ministerien für ihren künftigen Sitz in Berlin haben im Bundestag einen schweren Dämpfer erhalten. In der Debatte über das sogenannte Bonn-Berlin-Gesetz setzte der Haushaltsausschuß gestern durch, daß alle Einzelprojekte bei der Verlagerung der Regierung und des Parlaments gesondert bewilligt werden müssen. Der Ausschußvorsitzende Rudi Walther wandte sich ausdrücklich gegen einen Neubau des Kanzleramtes. Einen Vorschlag, in welchem Gebäude der Kanzler nach dem Umzug residieren könnte, wollte Wahlther aber nicht machen.
Die Kosten des offiziell 20 Milliarden Mark teuren Umzugsprojekts spielten in der Debatte eine große Rolle. Die Umzugsgegner forderten unter Hinweis auf die angespannte Haushaltslage, auf die Umsetzung des Berlin-Beschlusses vom 20. Juni 1991 zu verzichten. Trotz Gegenstimmen aus allen Parteien billigte aber eine deutliche Mehrheit das Umzugsgesetz und legte fest, daß der Bundestag spätestens im Jahr 2000 seine Arbeit in Berlin aufnehmen soll.
Daß die Gegenargumente trotz weitverbreiteter Skepsis gegen das Vorhaben keine durchschlagende Wirkung entfalten würden, war absehbar: Schon Mitte Januar hatten sich die Koalitionsparteien und die SPD gemeinsam mit dem Bundeskabinett, den Landesregierungen Berlin und Nordrhein-Westfalen sowie dem Bonner Oberbürgermeister über Zeitrahmen und Finanzierung des Umzugs geeinigt. Die Zustimmung der nordrhein- westfälischen Interessenvertreter sichert Ausgleichszahlungen an die Region Bonn in Höhe von 2,8 Milliarden Mark.
Auch diese Ausgleichszahlungen des Bundes müssen einzeln bewilligt werden, erklärte Walther gestern. Teuer wird nach Ansicht des Vorsitzenden des Ausschusses der Umbau des Reichstages, der nach den Plänen des Architekten Norman Foster rund 250 Millionen Mark kosten sollte. Mit weniger als eine Milliarde Mark sei der Umbau wohl nicht zu machen.
Ein konkretes Umzugsdatum schreibt das Berlin-Bonn-Gesetz nicht fest. Es sieht vor, daß die Bundesregierung „in zeitlicher Abstimmung mit dem Bundestag“ nach Berlin umzieht. Die „faire Arbeitsteilung“ zwischen der „Bundesstadt“ Bonn und der Hauptstadt Berlin soll gewährleistet werden, indem acht Ministerien am Rhein bleiben. Hans Monath
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