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Light-Fight im Stadion

■ Fachtagung der Uni über Sport und Gewalt / „Laßt den Jungs ihre Gewalt“ ?

Sport ist Mord – eine alte These, deren Protagonisten entweder als Bindegewebsschwächlinge belächelt oder als harte Realisten geschätzt werden. Ja, was denn nun, fragt die von Universität, Landessportbund und Deutschem Sportbund initiierte Fachtagung „Weiterbildung und Sport“, die derzeit ExpertInnen aus dem gesamten Bundesgebiet in der Bremer Universität versammelt. Thematische Schwerpunkte: Welche Sportpraxis kann einen Beitrag zur Gesundheitsförderung leisten, wie können Natursportarten ökologisch verantwortlich plaziert werden, vor allem aber: Kann Sport die Gewaltpotentiale bei Jugendlichen eindämmen?

Der These, im Sport selbst liege eine zunehmende Tendenz zur Gewalt, steht die Hoffnung gegenüber, eine sportorientierte Bildungs- und Sozialarbeit könne die Gewaltanwendung begrenzen. Gleichzeitig verändert sich das Sport- und Bildungsangebot rapide: „Es setzen sich“, beschreibt es der Erfurter Professor Ronald Lutz und Moderator des Workshops –Sport und Gewalt', „jenseits des tradierten Sportbetriebes vermehrt Angebote durch, die in sich das Versprechen von Erlebnis, Abenteuer, Spontaneität und Gemeinschaft tragen – Elemente, die sich oft in Gewaltaktionen finden.“

Der Rüsselsheimer Thomas Gehrmann, im Workshop Berichterstatter für das Projekt „Bildungsarbeit mit Fußball-Fans“, behauptete dagegenr, die Evolution gehe insgesamt zu immer weniger Gewalt, und ergänzte, keinen Widerspruch scheuend: „Laßt den Jungs ihre Gewalt. Gewalt wird sowieso nie abzuschaffen sein.“ Schon 3000 Jahre vor unserer Zeitrechnung hätten schließlich Keilschriften über die renitente Jugend geklagt.

Daß Fan-Arbeit folglich reduziert wäre auf bloße, staatlich verordnete Disziplinierungsmaßnahmen, bezweifelte Thomas Schneider von der Koordinationsstelle Fan-Projekte bei der Deutschen Sportjugend. „Fan-Arbeit ist auch Bildungsarbeit“, lautete sein Plädoyer, man müsse allerdings fragen, wie die auszusehen habe. Die bandscheibengeschädigten Bauhofmalocher, die ehemals als Sozialarbeiter rekrutiert wurden, hatten da ebensowenig Antworten parat, wie die pädagogisch Hochgeschulten, die heute in einer intellektuellen Sprache über, statt mit den Jugendlichen reden.

Ein Phänomen, das, so Professor Lutz, gesellschaftlich tief verankert ist: Die Gewalt der Jugendlichen werde von der Allgemeinheit als Entlastungsargument genutzt, dem vielzitierten „Krieg in den Stadien“ stehe eine eher geringe Anzahl an wirklichen Vorfällen entgegen. Die Dramatisierung wehrt eigene Wünsche ab und lenkt von der Gewalttätigkeit ab, die der Gesellschaft zueigen ist. Die Revolte der Jugendlichen, die sich gegen die Gesellschaft wendet, wiederholt deren Strukturen, indem sie per Gewalt Unterdrückung und Ungleichheit schaffen.

Auch der Sport entfalte Gewalt, die schon dem harmlosen Wettbewerb immanent ist. Da heißt es immer, reflektiert Lutz, „Sport führt zusammen, integriert, aber das Gegenteil ist der Fall: Alles ist auf Abgrenzung abgestellt, auf Kampf“, in dem der Gegner zu schlagen (!) sei. Daneben reproduziere der Sport über die Repräsentation verschiedener Lebensstile soziale Ungleichheiten. Die Ideologen, die das große „Wir“ im Sport und diesen als Heilslehre, oder andersherum als Hauptquelle von Gewalt beschwören, decken diese Ambivalenzen zu. Folge: Die Gewalt der Jugendlichen ist der Stoff, aus dem Moralisierungskampagnen für eine Gesellschaft geschmiedet werden, die angesichts von Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit zusammenzuhalten hat. Dora Hartmann

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