■ Notizen aus der Provinz: Entbindungsdienste
Sage noch einer, die Stadt sei langweilig und ihre Bürger einfältig. Das Gegenteil ist der Fall, entwickeln sich doch selbst Deutsche Hauptstadtbeamte zu kreativen Vielfältlingen. Wie die beiden Polizisten, die gestern einen mitternächtlichen Raser bei einer Verkehrskontrolle stellten. Aber anstatt sich als simple Knöllchenbullen zu entblöden, betätigten sie sich als Hebammen. Weil die Ehefrau des Rasers gerade in den Wehen lag, brachten die Schupos (!) einen gesunden Jungen zur Welt. Auch die Berliner Postler, sonst als öffentlich organisierte Schnarcher verschrien, ergreifen jetzt Initiative. Weil statistisch gesehen jeder der 3.621 Briefträger täglich an 25,7 bissigen Bellos vorbeimuß, und zerfetzte, blutdurchtränkte Hosen an der Tagesordnung sind, kochte das Postunternehmen labormäßig eine chemische Keule auf. Heraus kam gestern eine „Pfefferextraktlösung“, die den Schnappern in die Schnauze gesprüht werden muß. „Davor kapituliert selbst der angriffslustige Vierbeiner“, beruhigt das Telekom-Versuchsteam die Kollegen und warnt vor unsachgemäßer Anwendung. Am sichersten ist der Job in Neukölln, dort schnappt Waldi adurchschnittlich nur einmal zu. Die brutalsten Fetzer liegen in Kladow auf der Lauer: 20 Bisse täglich. Schließlich muß das Bild vom unordentlichen Ganoven korrigiert werden. Gestern verhafteten zwei Cops im Rocky-Horror- Spürhund-Fieber bei einer nächtlichen Friedhofstour ein blumenklauendes Diebgespenst. Es soll wie verrückt mit einer Schreckschußpistole herumgefuchtelt haben. In der Wohnung desselben entdeckten die Ordnungshüter weitere Blumen, ein ganzes Verkaufsregal mit Vasen und Schleifen. Die Pflänzchen waren zu zauberhaften und phantastischen Sträußen gebunden. Die Beamten nahmen den Blumenfreund zur Blutentnahme mit. rolli
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