: Sozialhaushalt ziemlich gerettet
■ Senat beschließt Sparprogramm / Soziales bekommt Luft wegen der Pflegeversicherung
Jetzt ist es amtlich: Die Bremer Sparkommissare haben den Würgegriff um den Hals der Sozialsenatorin noch einmal gelockert. Gestern beschloß der Senat zwar genau die Sparquoten, die in der letzten Woche für Furore gesorgt hatten, aber gleichzeitig ließ sich die Landesregierung eine pfiffige Idee einfallen. Danach sind die Einsparungen in den Haushalten von 1994 und 95 übertragbar. Konkret: Wer heute mehr spart, darf morgen auch wieder mehr ausgeben. Und diese Regelung ist es, die den chronisch rachitischen SozialHaushalt reanimiert. Dort ist zwar nach den heiligen Schwüren aus dem Sozialressort in diesem Jahr nur Geld herauszuschinden, wenn man den Tod der Projekte und vieler wichtiger Einrichtungen in Kauf nimmt, im nächsten Jahr aber entlastet der Bonner Kompromiß um die Pflegeversicherung den Bremer Sozialhaushalt um rund 9,6 Millionen Marak. Und damit wäre die Sparquote für 1994 und 95 fast schon erbracht.
Zwei Stunden länger als geplant hatte der Senat beraten. Schließlich hatte auch genügend Zündstoff in der Tagesordnung gesteck. Neben den Sparquoten –94 standen auch die Haushaltseckwerte für das kommende Jahr zur Debatte. Und da hat der Senat den Konflikt nur verschoben. Gegen die ausdrücklichen Voten der beiden grünen SenatorInnen wurde beschlossen, den kommenden Haushalt auf der Basis des Finanzplans aus dem Ressort des Finanzsenators aufzustellen, und nicht, wie die Grünen es haben wollten, auf der Basis des 1994er Haushalts. Was auf den ersten Blick haushaltstechnisch daherkommt hat weitreichende Folgen: Mit der Entscheidung schrumpelt der ohnehin nicht besonders üppige Posten für koalitionspolitische Schwerpunkte von 49 Millionen Mark auf die Portokassengröße von sechs Millionen. Der solle nur „bedarfsweise“ erhöht werden, beschloß der Senat gegen die Grünen. Der Konflikt wird in den Haushaltsberatungen wiederkehren.
Klar ist, daß die Senatsressorts in Zukunft größere Herrschaft über ihre Budgets erhalten sollen. Anstatt mit jeder Frage den Gesamtsenat behelligen zu müssen, sollen nun die Ressorts autonom entscheiden können, Gelder von der einen in die andere Haushaltsstelle zu verschieben.
Zum guten Schluß: Wer auf Geld wartet, der kann aufatmen. Die Bewirtschaftungssperre für alle Mittel, die nicht gesetzlich verpflichtet sind, ist aufgehoben – gegen die Stimmen des Finanzsenators Volker Kröning (SPD) und des Wirtschaftssenators Claus Jäger (FDP). Eine Regelung in diesem Zusammenhang bleibt allerdings weiter bestehen. Danach dürfen die Verwaltungen jeden Monat nur ein Dreizehntel dessen ausgeben, was ihnen vom Haushalt für das Jahr eigentlich zugebilligt worden ist.
Jochen Grabler
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