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■ Das PortraitNadja Tiller

Leinwand-Diva Foto: Keystone

Fraglos grenzt ans Wunderbare, daß die hier aus Anlaß ihres 65. Geburtstages in Rede stehende, den Nachnamen Tiller völlig rechtmäßig und keineswegs um des puren Effektes willen tragende Bühnen- und vormals auch Filmschauspielerin mit äußerster Zielgenauigkeit – als sei's von der Vorsehung so bestimmt – ausgerechnet auf den, rein reimtechnisch betrachtet, unüberbietbar kompatiblen Charakterkomiker Walter Giller stieß; daß beide einander heillos verfielen und in der Folge nicht nur auf der Kinoleinwand als Traumpaar restlos zu überzeugen vermochten – eine schicksalhafte Fügung, die den großen Dichter und Sänger Max Goldt beizeiten zu der unvergeßlichen Liedzeile „Walter Giller, Nadja Tiller: Penis, Vagina“ anregte.

Für Spaß war somit gesorgt im unsteten Leben der zweimaligen „Miß Austria“, die einer Theaterfamilie entstammte, ihrerseits eine fundierte Schauspiel- und Tanzausbildung genossen und im Kintopp der Wirtschaftswunderära so etwas wie Starstatus errungen hatte. Der Chronist Manfred Barthel notierte diesbezüglich: „Im Atelier herrschte unter Kurt Meisels Regie bei Walter Giller, Nadja Tiller eine solche angealberte Stimmung, daß manche Einstellung wegen unfreiwilligen Lachens abgebrochen werden mußte.“

Mentor der jungen Nadja Tiller war Rolf Thiele, der als Teilhaber der Göttinger „Filmaufbau GmbH“ weiland mannigfaltig und durchaus belangvoll zum deutschen Nachkriegsfilm beitrug. Er inszenierte u.a. „Das Mädchen Rosemarie“, die gänzlich keusche, aber von Szenarist Erich Kuby keß angelegte und darob von konservativen Kreisen heftig angefeindete Verfilmung des Falles Nitribitt. Der „Skandalfilm“ etablierte Nadja Tiller endgültig als zugkräftige Hauptdarstellerin. Häufiger denn zuvor spielte sie jetzt willens- und charakterstarke, auch verworfene und halbseidene Frauenfiguren, zum Teil in französischen und italienischen Produktionen. Mit dem Rück- und Niedergang der deutschen Filmherstellung widmete sie sich wieder mehr der Bühne, u.a. in Lübeck, Berlin und in ihrer Geburtsstadt Wien. 1969 spielte sie ihre erste Fernsehrolle und war seither in zahlreichen TV-Produktionen zu sehen. Ihr Format als Leinwand- Diva bewies sie noch einmal 1985 in H.C. Blumenbergs Thriller „Der Sommer des Samurai“ in der als Hommage angelegten Rolle der „Dr. Feuillade“. Harald Keller

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