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■ Was Polens Polizei so ungemein beliebt macht:Geschenke ohne Gegenleistung

Warschau (taz) – Seit etwa zwei Wochen klingt die Bezeichnung der Abteilung „Wirtschaftskriminalität“ der Posener Polizei etwas zweideutig: Nach einer gründlichen Recherche zweier junger Journalisten haben die Posener Ermittler nämlich in der Vergangenheit mehr zur Wirtschaftskriminalität beigetragen als sie bekämpft: Gegen Sachleistungen seien Ermittlungen gegen führende Mitglieder der Posener Geschäftswelt eingestellt worden. Mitglieder der Posener Polizeiführung hätten dafür ihre Amtsgewalt zum Schutz dubioser Geschäftemacher eingesetzt und deren private und geschäftliche Probleme zu lösen geholfen. Wirtschaftskriminelle seien vor ihrer Verhaftung gewarnt worden. Polen oberster Polizist Zenon Smolarek soll das Ganze nicht nur gedeckt haben, sondern ließ sich auch noch mit einer Waschmaschine bestechen.

Ein Artikel der Gazeta Wyborcza hat in Polen inzwischen heftige Reaktionen ausgelöst. Die betroffenen Polizisten haben angekündigt, die Zeitung wegen Rufschädigung zu verklagen. Zenon Smolarek selbst bezeichnete den Artikel als Manipulation aus erfundenen und falsch interpretierten Fakten sowie Halbwahrheiten. Auf seinen Antrag setzte Innenminister Andrzej Milczanowski eine Untersuchungskommission ein. Zbigniew Bujak, Mitglied der regierungsnahen „Union der Arbeit“ und Chef des parlamentarischen Innenausschusses, verlangte die sofortige Beurlaubung der belasteten Polizisten bis zur Aufklärung der Vorwürfe.

Die Recherche der beiden Journalisten hat ein grelles Licht auf die Praktiken der Polizei geworfen, sich von Geschäftsleuten aushalten zu lassen. Da die Polizei unterbezahlt und schlecht ausgerüstet ist, darf sie legalerweise Geschenke von Privatleuten in Form von Dienstwagen, Dienstgerät und Ausrüstung für einzelne Dienststellen annehmen – ohne daß dies natürlich zur Bestechung einzelner Beamter ausarten darf. Korrumpiert werde die Polizei durch dieses dubiose Sponsoring aber trotzdem, behaupten die Journalisten. Sie können eine ganze Reihe von Fällen auflisten, in denen es zu einer engen Verfilzung Posener Geschäftsleute mit führenden Polizeibeamten gekommen sein soll. Die Enthüllungen haben inzwischen zu einer ganzen Reihe von weiteren Hinweisen aus Polizei- und Bevölkerungskreisen geführt. Grzegorz Korytowski, Vorsitzender der Unabhängigen Polizeigewerkschaft, behauptet gar, die Korruption in Posen sei nur die Spitze eines Eisberges: „Die Abteilungen für Wirtschaftskriminalität beschäftigen sich zur Zeit großteils mit dem Suchen von Sponsoren.“ Jüngstes Beispiel, ebenfalls von der Presse aufgedeckt: Um einer polizeinahen Stiftung Einnahmen zu verschaffen, hatte die Warschauer Polizei das Abschleppen falsch geparkter Wagen „privatisiert“. Bewacht wurden die abgeschleppten Wagen so unter anderem von Vorbestraften, mit guten Verbindungen zur Automafia...

Innenminister Milczanowski, der bereits mehrmals in der Vergangenheit im Zusammenhang mit zweifelhaften Praktiken des ihm unterstehenden zivilen Geheimdienstes kritisiert worden war, kommt damit immer mehr unter politischen Druck. Das Problem: Milczanowski ist Minister von Walesas Gnaden und als solcher sowohl vom Parlament als auch von der Regierung Pawlak relativ unabhängig. Er beherrscht die Taktik, der Beantwortung von Vorwürfen dadurch aus dem Weg zu gehen, daß er sich auf seine Geheimhaltungspflicht beruft, inzwischen ausgezeichnet. Unter anderem deshalb will ihm die Regierung nun eine parlamentarische Kontrollkommission für seinen Geheimdienst UOP vor die Nase setzen. Klaus Bachmann

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